Atteste ausstellen

Patienten, Krankenkassen, Arbeitgeber, Schulen, Kitas und andere Institutionen wollen ärztliche Atteste, Bescheinigungen und Berichte. Hier erfahren Sie, wie Sie Atteste richtig ausstellen und abrechnen und wann Sie ein Gesundheitszeugnis verweigern dürfen. Außerdem erklären wir, warum falsche Bescheinigungen strafrechtlich relevant sind.

Diesen Artikel teilen

Juristisch spricht man vom Gesundheitszeugnis als „Erklärung über die jetzige, frühere oder voraussichtliche künftige Gesundheit eines Menschen“. Darunter fallen sämtliche ärztliche Bescheinigungen, Behandlungs- und Befundberichte, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sowie gutachterliche Äußerungen.

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Untauglichkeitsbescheinigungen und Eignungsbescheinigungen. Eine Untauglichkeitsbescheinigung wird meist von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen, während Eignungsbescheinigungen üblicherweise als IGeL gelten.

Jeder approbierte Arzt darf solche Gesundheitszeugnisse wegen Arbeitsunfähigkeit, für Reisen, Versicherungen, Kuranträge, Tauglichkeit für den Führerschein oder für Sportkurse ausstellen.

Vorsicht!

Als Arzt bzw. Ärztin dürfen Sie nichts attestieren, was Sie nicht selbst festgestellt haben.

Muster für Atteste

Für viele der häufigsten Atteste gibt es Muster für Vertragsärzte – aktuell sind es rund 80 Vordrucke. Wenn das Attest gegenüber der gesetzlichen Krankenkasse abgerechnet werden soll, müssen diese Muster zum Einsatz kommen.

Das bekannteste Muster ist die Nr. 1, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU, „gelber Schein“).

Die „Vereinbarung über Vordrucke für die vertragsärztliche Versorgung“ regelt genau, wie die einzelnen Muster aussehen und produziert werden. Darin steht auch, wie Vertragsärzte die Vordrucke ausfüllen müssen, damit die Atteste maschinenlesbar sind. Die Betriebsstättennummer und die Arztnummer dürfen z. B. keine Leerzeichen oder Sonderzeichen enthalten.

Abgelaufen

Wenn ein Muster sich geändert hat, dürfen Sie den Altbestand meist noch aufbrauchen. Einen aktuellen Überblick über sämtliche Muster gibt Ihnen die Praxisinfo „Atteste, Bescheinigungen und Anfragen“ am Seitenende.

Bescheinigungen, die nicht über die gesetzliche Krankenkasse abgerechnet werden oder für die es keinen Vordruck gibt, können Sie frei erstellen.

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für GKV-Patienten können nur von Vertragsärzten ausgestellt werden. Dafür verwenden Sie das Muster 1.

Die AU ist eine Urkunde. Damit begründet der Patient seinen Anspruch auf Fortzahlung seines Gehalts nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz. Daher dürfen Ärzte eine AU nur nach körperlicher Untersuchung des Patienten ausstellen.

Tele-AU

Unter gewissen Voraussetzungen ist eine Krankschreibung per Videosprechstunde oder Telefon möglich. Seit 2021 muss die AU-Bescheinigung digital bzw. elektronisch an die Krankenkasse übermittelt werden.

Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung darf maximal bis zu 3 Tage rückdatiert werden. Das gilt auch für Folgebescheinigungen. Die Rückdatierung ist nur in Ausnahmefällen möglich. Für den Arzt muss nämlich medizinisch nachvollziehbar und ausreichend wahrscheinlich sein, dass die Arbeitsunfähigkeit schon früher bestanden hat.

Die Entscheidung, dass ein Patient arbeitsunfähig ist, müssen Sie nachvollziehbar dokumentieren. Ihre Rolle ist die eines möglichst neutralen Sachverständigen. Bedenken Sie, dass Ihr Attest auch wirtschaftliche Konsequenzen für Dritte (Arbeitgeber, Behörden u. ä.) hat.

Sie dürfen keine AU ausstellen, wenn statt einer Krankheit ein anderer Grund vorliegt, z. B.

  • Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege eines erkrankten Kindes
  • ärztliche Behandlung zu rein diagnostischen oder therapeutischen Zwecken
  • Inanspruchnahme von Heilmitteln
  • ambulante oder stationäre Vorsorge- und Rehabilitationsleistung
  • kosmetische oder andere Operation ohne krankheitsbedingten Hintergrund
  • Mutterschutz oder Sterilisation

Atteste abrechnen

Die Kosten für Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, Renten-, Reha-, und Kuranträge werden in der Regel von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen. Andere Atteste werden privatärztlich abgerechnet.

 

Abrechnung nach EBM

Für viele der oben genannten GKV-Muster können Sie kein Honorar abrechnen. Die Zeit zum Ausfüllen der Vordrucke ist bereits in anderen Leistungen einkalkuliert. Ähnlich ist es, wenn Kopien der Patientenunterlagen angefordert werden. Dann können Sie maximal Porto- und Kopierkosten berechnen.

Für besonders aufwändige Bescheinigungen dagegen können Sie zusätzlich die EBM-Ziffern 01610—01623 ansetzen. Z. B. ist die Ziffer 01621 als „Krankheitsbericht“ für die Vordrucke 11, 53 und 56 abrechenbar. Bei der Verordnung von Cannabis können Sie die EBM-Ziffer 01626 für eine ärztliche Stellungnahme ansetzen.

Wenn eine Krankenkasse eine Anfrage an Sie stellt, prüfen Sie, ob der mitgesendete Vordruck die Muster-Nummer enthält. Wenn nicht, weisen Sie die Kasse darauf hin, dass Sie in diesem Fall nur nach der GOÄ abrechnen können.

Mehr darüber, wie Sie Atteste nach EBM abrechnen können, erfahren Sie in unserer Praxisinfo „Atteste, Bescheinigungen und Anfragen“. Darin finden Sie auch ein Musterschreiben an die Kasse.

Margaret Plückhahn
Praxisberatung

Abrechnung nach GOÄ

Privat veranlasste Bescheinigungen gelten als IGeL und werden nach der GOÄ abgerechnet. Dazu eignen sich die Gebührenordnungspositionen 70, 75, 76, 80 und 85. Sie dürfen die Sätze je nach Arbeitsaufwand steigern und bis zu drei Nachkommastellen anpassen, um runde Beträge zu erzielen. Ein einfaches Attest kostet mit 2,15-fachen Faktor dann genau 5 Euro. Pauschalen sind nicht erlaubt. Auch dazu finden Sie mehr Informationen in der Praxisinfo.

Auch wenn Sie Bonushefte ausfüllen und darin Leistungen nachträglich dokumentieren, dürfen Sie Ihre Arbeitszeit in Rechnung stellen.

Die Muster-Berufsordnung schreibt vor, dass Ärzte nur gegenüber Verwandten, Kollegen, deren Verwandten und mittellosen Personen das Honorar ganz oder teilweise erlassen dürfen. Wenn Sie kostenfreie Atteste gewähren, verstoßen Sie außerdem gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb.

Andrea Schannath
Rechtsberatung

Um sich lästige Diskussionen zu ersparen, sollten Sie Ihre Patienten im Vorfeld darauf hinweisen, wenn Atteste kostenpflichtig sind. Auf dem Aushang in der Praxis können Sie die Preise transparent ausweisen.

Erklären Sie, dass kostenlose Atteste gegen Ihre berufs- und vertragsärztlichen Pflichten verstoßen und zu Regressen oder disziplinarischen Strafen führen könnten.

Nutzen Sie unseren Musterbehandlungsvertrag für Patienten, um Sie solche Privatleistungen unkompliziert zu regeln. Bei Fragen ist unsere Rechtsberatung für Sie da und im Mitgliedsbeitrag inbegriffen.

Atteste verweigern

Ärzte dürfen persönliche Patientendaten nur bei gesetzlicher Erlaubnis, bei Pflicht zur Auskunftserteilung und mit Einwilligung des Patienten offenlegen. Grundsätzlich sind Sie also auch gegenüber Krankenkassen, dem MDK und anderen Behörden zur Verschwiegenheit verpflichtet.

Die Kasse oder ein anderer Antragsteller muss deshalb bei der Anfrage die Rechtsgrundlage für die Auskunftspflicht angeben oder die schriftliche Einwilligung des Patienten vorweisen können.

Auskunftspflicht

Krankenkassen stellen oft Anfragen zur Ursache der Arbeitsunfähigkeit, zur derzeitigen Behandlung oder zu Rehabilitationsmaßnahmen und fordern Befund-, Arzt- oder Krankenhausentlassungsberichte an. Ihre gesetzliche Auskunftspflicht besteht jedoch nur gegenüber dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK).

  • nicht vereinbarter oder modifizierter Vordruck soll verwendet werden
  • Auskunfts-Bestimmungen des SGB oder anderer Rechtsvorschriften werden nicht genannt
  • schriftliche Einwilligung des Patienten liegt nicht vor
  • Art der Vergütung ist unklar

Wie Sie auf Anfragen vom Medizinischen Dienst, von Unfall- und Rentenversicherungsträgern, Gerichten und anderen Behörden reagieren sollten, zeigt im Detail die Praxisinfo „Atteste, Bescheinigungen und Anfragen“.

Gefälligkeitsatteste und falsche Gesundheitszeugnisse

Wenn Sie wissentlich ein falsches Attest ausstellen, machen Sie sich  strafbar. Das gilt für alle Atteste, die einer Behörde oder Versicherungsgesellschaft vorgelegt werden könnten. Unter Behörden fallen u. a. die gesetzlichen Krankenkassen, Berufsgenossenschaften und Schulen.

Entscheidend ist, ob Sie dabei „wider besseres Wissen“ handeln, also ob Ihnen bewusst ist, dass die Bescheinigung inhaltlich unrichtig ist. Bei der Frage, ob das Attest für eine Behörde genutzt wird, reicht es dagegen schon aus, wenn Sie das für „gut möglich“ halten.

Daher sollten Sie Gefälligkeitsatteste auf jeden Fall ablehnen.

Mitglieder wissen mehr!

Virchowbund-Mitglieder erhalten vollen Zugriff auf

  • rund 100 Musterverträge, Vorlagen, Praxisinfos und Checklisten
  • persönliche Praxis- und Rechtsberatung
  • exklusive Partnerangebote
  • Webinare, Networking-Events
  • u. v. m.

Entdecken Sie alle Vorteile.

Mitglied werden

Senior Expert Docs®

Mentoring von Ärzten für Ärzte

Das Mentoren-Programm Senior Expert Docs® vernetzt junge Ärzte mit erfahrenen Praxisinhabern.

Praxis-Knowhow

Selbstzahler

Hier erfahren Sie, wie die Privatliquidation und Abrechnung nach GOÄ funktioniert.

Praxis-Knowhow

Abrechnung erklärt

Hier geben wir einen Überblick über das Vergütungs-System und Tipps zur besseren Abrechnung.

Downloads für Mitglieder

Cookie-Einstellungen

Wir nutzen Cookies, um Ihnen die bestmögliche Nutzung unserer Webseite zu ermöglichen und unsere Kommunikation mit Ihnen zu verbessern. Wir berücksichtigen Ihre Auswahl und verwenden nur die Daten, für die Sie uns Ihr Einverständnis geben.

Diese Cookies helfen dabei, unsere Webseite nutzbar zu machen, indem sie Grundfunktionen wie Seitennavigation und Zugriffe auf sichere Bereiche ermöglichen. Unsere Webseite kann ohne diese Cookies nicht richtig funktionieren.

Diese Cookies helfen uns zu verstehen, wie Besucher mit unserer Webseite interagieren, indem Informationen anonym gesammelt werden. Mit diesen Informationen können wir unser Angebot laufend verbessern.

Diese Cookies werden verwendet, um Besuchern auf Webseiten zu folgen. Die Absicht ist, Anzeigen zu zeigen, die relevant und ansprechend für den einzelnen Benutzer und daher wertvoller für Publisher und werbetreibende Drittparteien sind.