Praxisbegehung

Hier finden Sie einen Leitfaden Praxisbegehung durch das Gesundheitsamt und andere Behörden. Wir erklären, wie die Kontrolle abläuft und wie die optimale Vorbereitung aussieht, damit das Amt keine Hygiene-Mängel in Ihrer Praxis beanstandet.

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Im Zuge einer Praxisbegehung kontrollieren die Gesundheitsämter und andere Stellen, ob die Sicherheit der Patienten und Praxismitarbeiter gewährleistet ist. Je nachdem, welche Behörde sich anmeldet und je nach Größe und Leistungsspektrum der ärztlichen bzw. zahnärztlichen Praxis werden dabei unterschiedliche Aspekte geprüft.

Als Praxisinhaber müssen Sie wissen, welche Pflichten Sie in Bezug auf

  • Hygiene
  • Umgang mit Medizinprodukten und Aufbereitung
  • Abfallentsorgung
  • Arbeitsschutz

haben.

Wer ein zertifiziertes Qualitätsmanagement umsetzt, muss die Behördenkontrolle nicht fürchten. Im Gegenteil: Eine mängelfreie Praxis mit aktivem QM-System ist besser aufgestellt gegen etwaige Vorwürfe von Behandlungsfehlern in Bezug auf Hygiene und Patientensicherheit.

Andrea Schannath
Rechtsberatung

Die gesetzlichen Grundlagen für Praxisbegehungen sind in einer Reihe von Gesetzen und Verordnungen zu finden, u. a.

  • Infektionsschutzgesetz (IfsG)
  • Medizinproduktegesetz (MPG)
  • Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetrV)
  • Hygieneverordnung des Bundeslandes
  • Arbeitsschutzgesetz
  • Röntgenverordnung
  • Mess- und Eichgesetz
  • Berufsgenossenschaftliche Richtlinien
  • Technische Regeln
  • Qualitätssicherungsrichtlinien

Die Verordnungen können je nach Bundesland unterschiedliche Vorgaben machen. Als Praxisbetreiber sind Sie verpflichtet, alle Richtlinien zu kennen. Sie sind in den aushangpflichtigen Gesetzen enthalten.

Zusätzlich sollten Sie die einschlägigen RKI-Empfehlungen für Ihren Fachbereich kennen. Prüfen Sie regelmäßig die Webseite des Robert-Koch-Instituts auf neue Informationen.

Welche Behörden machen Begehungen?

Je nach Zuständigkeit im Bundesland sind unterschiedliche Ämter berechtigt, Ihre Praxis zu begehen:

  • Gesundheitsamt
  • Gewerbeaufsichtsamt
  • Zuständiges Amt für Arbeitsschutz
  • Berufsgenossenschaft für Gesundheits- und Wohlfahrtspflege (BGW)

Es kann daher vorkommen, dass sich mehrere Behörden innerhalb weniger Wochen in der Praxis ankündigen. Das Gesundheitsamt prüft dann beispielsweise, ob das Infektionsschutzgesetz eingehalten wird, ein anderes Amt kontrolliert die Medizinproduktebetreiberverordnung.

Auch von der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) kann eine Begehung der Praxis durchgeführt werden. In der Regel passiert das nur, wenn berechtigte Zweifel an der notwendigen Ausstattung und Organisation der Praxis vorliegen und damit die Einhaltung der Qualitätsanforderungen nicht gewährleistet ist.

Ablauf einer Praxisbegehung

Eine Praxisbegehung besteht aus 3 Phasen:

  1. Ankündigung
  2. Termin vor Ort
  3. Protokoll und Mängelbeseitigung

 

Ankündigung

Behördenkontrollen ohne Anlass werden telefonisch und/oder schriftlich einige Wochen im Voraus angekündigt. Der Termin findet während der Praxiszeiten statt. Unangemeldete Besuche finden meist nur nach der Beschwerde eines Patienten statt.

Gemeinsam mit der Terminankündigung erhalten Sie einen Fragebogen und eine Checkliste von Unterlagen, die Sie ausgefüllt an das Amt zurücksenden müssen. Dazu zählt z. B. der Hygieneplan, die Arbeitsanweisungen und eine Liste der Medizinprodukte, aber ggfs. auch ein Praxisorganigramm.

Sie haben also Zeit, sich auf den Termin vorzubereiten – aber nicht genug, um gravierende Mängel zu beseitigen. Für eine optimale Vorbereitung sollten Sie die Dokumentation auf den aktuellen Stand bringen und die Ablauf-Beschreibungen ggfs. anpassen. Unterweisen Sie das Personal und bereiten Sie es auf die voraussichtlich gestellten Fragen vor. Ihr QM-System kann als Leitfaden dienen.

Wenn Sie QM in Ihr Praxismanagement etablieren möchten, erfahren Sie hier mehr zum Thema Qualitätsmanagement.

 

Vor-Ort-Termin

Je nach Größe der Praxis dauert die Begehung nach unserer Erfahrung etwa 3 Stunden. Sie startet mit einer Vorbesprechung in den Praxisräumen. Das Amt will z. B. wissen, welche Eingriffe und Behandlungen Sie vornehmen und ob Sie besondere Vorkommnisse bei Medizinprodukten vorschriftsmäßig an das BfArM gemeldet haben.

Dafür sollten Sie und Ihre Beauftragten für Hygiene und Qualitätsmanagement sich Zeit nehmen. Halten Sie alle notwendigen Unterlagen (z. B. Qualifikationsnachweise der Mitarbeiter, Geräteverzeichnis) bereit – das kürzt den Termin ab und spart Stress.

Danach werden alle Räumlichkeiten kontrolliert (auch das Wartezimmer und die Pausenräume bzw. Küche) und die Dokumentationen überprüft. Dabei wird jeder Winkel, jede Schublade inspiziert und fotografiert.

Auch mit den Mitarbeitern werden Gespräche geführt, um ihre Sachkenntnis zu testen. Arbeitsabläufe aus der Medizin wie z. B. die korrekte Hand- und Gerätedesinfektion müssen demonstriert werden.

Nicht nur der Defibrillator oder das Blutdruckmessgerät, auch Betriebsmittel wie Staubsauger oder Kaffeemaschinen können überprüft werden. Auch für sie muss es Aufzeichnungen im Gerätebuch und Gebrauchsanweisungen geben.

Margaret Plückhahn
Senior Consultant Praxisberatung

Am Ende steht ein Abschlussgespräch mit dem Praxisinhaber. Die Prüfer werden dort erste Verbesserungsvorschläge und eine Beratung machen.

 

Protokoll und Mängelbeseitigung

Einige Tage bis Wochen nach der Behördenkontrolle erhalten Sie das Protokoll, in dem sämtliche Mängel aufgelistet sind. Das Amt setzt Fristen, bis wann diese behoben sein müssen. Sie müssen nachweisen, dass Sie die Mängel fristgerecht beseitigt haben. Auch das wird kontrolliert.

Bei gravierenden Beanstandungen dürfen Geräte nicht mehr benutzt oder Operationen nicht mehr durchgeführt werden. Außerdem drohen Ordnungsgelder und im schlimmsten Fall die Schließung der Praxis.

Was wird bei der Praxisbegehung geprüft?

Die Behörden achten auf viele Aspekte. Neben dem Fachbereich Medizinprodukte-Aufbereitung werden z. B. Dokumentationsvorgaben, Arbeitssicherheit und die Sachkenntnis des Praxisteams geprüft.

 

Arbeitssicherheit

Auf Grundlage des Arbeitsschutzgesetzes wird geprüft, ob eine betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung der Mitarbeiter stattfindet.

Tipp

Am Seitenende können Sie Musterverträge für die betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung der Arzt- oder Zahnarztpraxis herunterladen.

Vorlagen und Leitfäden für die Unterweisung der Mitarbeiter finden Sie in unserer Praxisinfo „Notfallpläne und Unterweisungen“.

Außerdem müssen Sie arbeitsmedizinische Untersuchungen der Mitarbeiter und eine Gefährdungsbeurteilung (von Strahlenschutz über Rutschgefahr bis Infektionsgefahr und psychische Belastung) nachweisen. Der Verbandskasten für die Erste Hilfe und die Feuerlöscher werden überprüft. Auch das Verbandbuch könnte kontrolliert werden. Eine Vorlage für das Verbandbuch finden Sie weiter unten zum Download.

Mehr zu den verwandten Themen

erfahren Sie auf eigenen Seiten.

Die Behörde wird Sie auch nach den aushangpflichtigen Gesetzen fragen.

 

Hygiene

Alle Abläufe in der Hygiene müssen in Arbeitsanweisungen, Checklisten, Freigabebestätigungen, Risikoeinstufungen und Hygienepläne im QM-Handbuch integriert sein. Prüfen Sie regelmäßig, ob die Angaben vollständig sind und den Richtlinien entsprechen. Der Hygieneplan muss aktuell sein.

Was viele Ärzte und MFA nicht wissen: Auch im Wartezimmer wird die Hygiene geprüft. Eine kurze Checkliste der wichtigen Punkte:

  • Sind die Bezüge oder Oberflächen der Stühle und Sitzgelegenheiten desinfektionsmittelbeständig und abwischbar?
  • Wird Spielzeug regelmäßig desinfiziert?
  • Ist die Garderobe so eingerichtet, dass Mäntel nicht übereinander hängen und für Regenschirme ein Ständer vorhanden ist?
  • Sind Blumentöpfe mit Erde vorhanden oder mit Hydrokulturen?
Tipp

Laden Sie unsere Vorlage für den Reinigungsplan am Seitenende herunter.

Medizinprodukte

Der korrekte Umgang mit Medizinprodukten wird besonders intensiv geprüft:

  • Betrieb und Instandhaltung von Medizinprodukten
  • Einhaltung der „Anforderungen an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten“ (KRINKO und BfArM)
  • Sicherheitstechnische Kontrolle

 

Dazu zählen die maschinelle Aufbereitung in Sterilisatoren, die Wartung und Instandhaltung von Instrumenten und Geräten, die Validierung der Aufbereitungsgeräte, die Sterilgutlagerung sowie die lückenlose Dokumentation.

Die Prüfer werden nach dem Gerätebuch und den Gebrauchsanweisungen der Medizinprodukte fragen. Unter Umständen muss eine MFA z. B. eine Aufbereitung vorführen.

Am Seitenende können Sie eine Vorlage für die Sterilisation-Dokumentation herunterladen.

Kosten durch die Begehung

Praxisbegehungen sind kostenpflichtig. Je nach Dauer der behördlichen Begehung und Größe der Praxis können Kosten von mehreren hundert Euro entstehen. Als rechtliche Basis dienen die jeweiligen Gebührensätze der Städte, Länder und Gemeinden.

Checkliste: Häufige Probleme

Diese 15 häufig festgestellten Mängel sollten Sie vor der Praxisbegehung dringend beseitigen:

  • Risikoeinstufung von Medizinprodukten (inkl. genutzten Instrumenten, z. B. als „kritisch B“) fehlt
  • Sachkundenachweise fehlen (z. B. für Sterilisator)
  • Dokumentation der Aufbereitung ist lückenhaft
  • Verfahren zur Reinigung, Desinfektion und Sterilisation passen nicht zum klassifizierten Medizinprodukt oder sind nicht validiert
  • Bestandsverzeichnisse, Medizinprodukte-Bücher und Arbeitsanweisungen sind unvollständig
Tipp

Häufig ist im QM-Handbuch nicht als Prozess aufgeführt, dass der Griff des Beladungsträgers nach dem Einsetzen der Übertragungsinstrumente desinfiziert werden muss. Bei der Beladung sind die Instrumente schließlich noch nicht gereinigt oder desinfiziert.

  • Hygieneplan ist nicht aktuell
  • Keine Chargenkontrolle bzw. lückenhafte Chargendokumentation
  • Anbruchdaten von Tropfen und Lösungen sind nicht vermerkt
  • Kühlschranktemperatur wird nicht regelmäßig überprüft und dokumentiert
  • Die Einwirkzeit des Händedesinfektionsmittels ist den Mitarbeitern nicht bekannt
  • Händedesinfektionsmittel wird aus Kanistern umgefüllt
  • Keine Handpflegemittel vorhanden
  • Pflanzen oder Stoffvorhänge im Behandlungsraum
  • Bilder sind nicht abwaschbar
  • Die betriebsärztliche Betreuung der Angestellten ist nicht gewährleistet

Leitfaden zur Vorbereitung auf die Begehung

Spätestens, wenn eine Behörde sich ankündigt, sollten Sie sich aktiv auf das Thema Praxisbegehung vorbereiten. Haken Sie diese To-Do‘s für sich ab:

  • Besorgen Sie eine aktuelle Version der aushangpflichtigen Gesetze
  • Prüfen Sie Ihre Prozesse kritisch – was läuft noch nicht optimal? Dabei hilft der KBV-Praxischeck
  • Melden Sie gleich mehrere Mitarbeiter zum Sachkundenachweis an
  • Schulen Sie Ihre Mitarbeiter regelmäßig und halten Sie Teambesprechungen ab
  • Kontrollieren Sie das Reinigungspersonal. Eine Vorlage für den Reinigungsplan können Sie weiter unten downloaden
  • Schließen Sie einen Vertrag zur betriebsärztlichen Betreuung – eine Vorlage dafür finden Sie am Seitenende
  • Unterschreiben Sie jede einzelne Seite des Hygieneplans mit Datum
  • Halten Sie alle erforderlichen Unterlagen bereit und auf dem neuesten Stand, vergeben Sie Versionsnummern
  • Pflegen Sie das Bestandsverzeichnis der Medizinprodukte

Die ausführliche Checkliste Praxisbegehung können Sie am Seitenende herunterladen.

Darin finden Sie rund 75 konkrete Maßnahmen und Schritte, die Sie der Reihe nach abhaken können.

Lassen Sie sich vor und nach der Praxisbegehung zur Sicherheit auch juristisch beraten. Nutzen Sie die kostenfreie, individuelle Rechtsberatung für Mitglieder im Virchowbund.

Als Mitglied können Sie außerdem u. a. folgende Vorlagen und Leitfäden mit wichtigen Hintergrundinformationen für das Praxismanagement herunterladen:

  • Notfall-Pläne und Unterweisungs-Nachweise
  • Arbeitszeitdokumentation
  • Reinigungsplan
  • Blutabnahme – Checkliste
  • Sterilisation – Dokumentation
  • Desinfektionsbad – Dokumentation
  • Temperaturkontrolle Arzneimittelkühlschrank – Dokumentation
  • Verbandbuch
  • Aufbewahrungspflichten für die Arztpraxis
  • Datenschutz − DSGVO in der Arztpraxis
  • Barrierefreie Arztpraxis
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