
In unserem Rechts-Newsletter sammeln wir für Sie aktuelle Urteile und juristische Fälle. Sie haben noch Fragen zum Arbeitsrecht, zum Berufsrecht oder zu einem Vertrag? Ich berate Sie gern.
Dürfen Sie als Arzt Kollegen anderer Fachbereiche weiterbilden?
Zwei Fachärzte für Innere Medizin aus dem Landkreis Osnabrück haben gegen die Ärztekammer Niedersachsen geklagt. Das Anliegen: Sie wollten von der Ärztekammer eine Weiterbildungsbefugnis für das Gebiet Allgemeinmedizin.
Die Klage hat das Verwaltungsgericht Osnabrück am 08.03.2023 (Az.: 1 A 10/23) abgewiesen und entschieden, dass Weiterbildungen nur von Ärzten durchgeführt werden dürfen, die im jeweiligen Fachbereich einen Facharzttitel haben. Die Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Niedersachsen sehe seit dem 01.07.2020 keine Möglichkeit mehr vor, dass auch Fachärzte für Innere Medizin auf dem Gebiet der Allgemeinmedizin Weiterbildungen vornehmen.
So kam es zur Entscheidung
Ein niedergelassener Hausarzt, der den Facharzttitel „Facharzt für Innere Medizin“ führt und eine Ärztin, die ebenfalls „Fachärztin für Innere Medizin“ ist und als angestellte Ärztin beschäftigt war, wollten eine Weiterbildungsbefugnis für das Gebiet Allgemeinmedizin für einen Weiterbildungszeitraum von insgesamt 24 Monaten. Genehmigt waren ihnen lediglich 18 Monate.
Die Anträge wurden Ende 2019 bzw. Anfang 2020 gestellt. Mitte 2020 wurde dann die Weiterbildungsordnung der Ärztekammer Niedersachsen geändert.
Die Ärzte waren der Ansicht, dass sie aufgrund ihres Antrages zum Zeitpunkt der damals noch gültigen alten Weiterbildungsordnung einen Anspruch auf Erteilung einer Weiterbildungsbefugnis für den gesamten Zeitraum von 24 Monaten hätten. Sie argumentierten zudem, sie könnten – entgegen der Ansicht der Ärztekammer – ausreichende Fallzahlen in den Bereichen der hausärztlichen und psychosomatischen Grundversorgung vorweisen.
Vor dem Gericht scheiterten sie jedoch.
Das sagt das Gericht
Der Ansicht der Ärzte ist nicht richtig. Bei der anhängigen Klage handle es sich um eine sogenannte Verpflichtungsklage. Bei dieser Art von Klage sei der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung entscheidend.
Nach der derzeit gültigen und damit maßgeblichen Weiterbildungsordnung der Ärztekammer sei eine Weiterbildungsermächtigung auf dem Gebiet der Allgemeinmedizin von Ärzten, die – wie die Kläger – keine Fachärzte in diesem Bereich sind, nicht mehr möglich. Selbst wenn man noch die Weiterbildungsordnung in ihrer alten Fassung für anwendbar hielte, wäre die Ablehnung des Antrages der Ärzte im Ergebnis unangreifbar gewesen.
Sie möchten eine Weiterbildungsbefugnis beantragen?
Auf unserer Seite zur Facharztbildung erfahren Sie, was Sie dazu benötigen. Nutzen Sie unsere Vorlagen zum Download:
Weitere Informationen enthält auch unsere Praxisinfo „Assistent/angestellter Arzt in der Vertragsarztpraxis“.
Dealer in Weiß: Wie vermeiden Sie Strafen beim Verschreiben von Cannabis?
539-mal hat ein Arzt Cannabis verschrieben – ohne die Patienten vorher zu untersuchen bzw. ohne medizinischen Grund. Das Landgericht (LG) München hatte ihn deswegen zu dreieinhalb Jahren Haftstrafe verurteilt.
Zu Recht, entschied nun auch der Bundesgerichthof (BGH) und verwarf am 20.03.2023 die Revision des Arztes als unbegründet (Az.: 1 StR 266/22).
So kam es zur Entscheidung
Unter dem Deckmantel seiner ärztlichen Zulassung hatte der Arzt Cannabisprodukte verordnet, obwohl er die „Patienten“ zuvor nicht einmal untersucht hatte. Seine Leistungen rechnete er nicht nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ), sondern gegen unmittelbare Barzahlungen ab. Für die Erstverschreibung verlangte er 120 Euro, ab 2018 jeweils 150 Euro. Insgesamt nahm er so 47.740 Euro ein.
Dafür hatte ihn das LG München wegen des gewerbsmäßigen Verschreibens von Betäubungsmitteln entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittelgesetz (BMtG) in 539 Fällen verurteilt. Auch die 47.740 Euro „Taterträge“ sollte der Arzt nicht behalten dürfen.
Zusätzlich erhielt der Mann für drei Jahre ein beschränktes Berufsverbot, denn er habe seine Pflichten als Arzt grob verletzt: Die unkontrollierte Verschreibung von Cannabis sei „grundsätzlich geeignet, erhebliche Gesundheitsgefahren für die Empfänger der Rezepte hervorzurufen“, so die Richter. Der Arzt habe sich mit der Droge eine „dauerhafte Einnahmequelle“ verschaffen wollen.
Zugunsten des geständigen Angeklagten wertete das Gericht, dass dieser freiwillig auf seine Approbation verzichtete.
Mit diesem Fall hat sich der BGH erneut befasst, weil der Arzt Revision eingelegt hatte.
Das sagt das Gericht
Das Gesetz erlaubt eine Verschreibung von Cannabisprodukten nur, wenn medizinische Gründe vorliegen und eine alternative Behandlung nicht in Frage kommt. Die Ausführungen des LG seien beanstandungslos, es seien keine Rechtsfehler erkennbar. Die Revision des Arztes sei damit im Ergebnis unbegründet.
Gerade bei der Verschreibung von Betäubungsmitteln müssen die gesetzlichen Vorgaben unbedingt eingehalten werden. Bei Fragen dazu können Sie sich an unsere Rechtsberatung wenden. Lieber einmal zu viel gefragt, als im Gefängnis zu landen.
Apropos: Kennen Sie schon unsere Praxisinfo „Besuch vom Staatsanwalt“? Darin finden Sie u. a. eine Checkliste, wie Sie sich im Fall des Falles richtig verhalten.
„Geh, aber bleib“: Was gilt, wenn Sie Mitarbeitern widersprüchliche Ansagen zum Arbeitsverhältnis machen?
Ein Arbeitgeber verhält sich widersprüchlich, wenn er dem Arbeitnehmer einerseits das Arbeitsverhältnis fristlos kündigt, weil er meint, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses sei nicht zumutbar – ihm aber andererseits die Weiterbeschäftigung zu unveränderten Bedingungen während des Kündigungsschutzprozesses anbietet, zwecks „Vermeidung von Annahmeverzug“.
In einem solchen Fall spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, dass das Weiterbeschäftigungsangebot nicht ernst gemeint ist, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) am 29.03.2023 (Az.: 5 AZR 255/22).
So kam es zur Entscheidung
Ein Mann war bei einer Firma als technischer Leiter beschäftigt. In einem Schreiben vom 01.12.2019 sprach die Firma eine fristlose Änderungskündigung aus, mit der sie ihm einen neuen Arbeitsvertrag als Softwareentwickler gegen eine monatlich verminderte Vergütung anbot. Der Mann lehnte das Änderungsangebot ab und erschien auch nicht zur Arbeit.
Daraufhin kündigte die Firma das Arbeitsverhältnis erneut und zwar außerordentlich. Ferner wies sie darauf hin, „im Falle der Ablehnung dieser außerordentlichen Kündigung“ erwarte sie den Mann „am 17.12.2019 spätestens um 12.00 Uhr MEZ zum Arbeitsantritt“. Dem leistete der Mann nicht Folge.
Er strengte einen Kündigungsschutzprozess an. Darin wurde rechtskräftig festgestellt, dass keine der beiden Kündigungen das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgelöst hatte.
Der Mann erhob Klage vor dem Arbeitsgericht und forderte wegen Annahmeverzugs das arbeitsvertraglich vereinbarte Gehalt abzüglich des erhaltenen Arbeitslosengeldes bis zum Antritt der neuen Beschäftigung.
Von Annahmeverzug spricht man, wenn ein Gläubiger die Leistung eines Schuldners nicht rechtzeitig zum Leistungszeitpunkt annimmt. Im Arbeitsrecht ritt der Annahmeverzug grundsätzlich nur ein, wenn der Arbeitnehmer als Schuldner seine Arbeitsleistung tatsächlich anbietet, also arbeitsbereit am Arbeitsplatz erscheint.
Nimmt dann der Arbeitgeber diese Leistung nicht an – weil er z. B. zuvor eine Kündigung ausgesprochen hat, die sich jedoch nach Ende des Kündigungsschutzprozesses als unwirksam herausstellt – dann ist der Arbeitgeber im Annahmeverzug. Er muss dem Arbeitnehmer weiterhin das Gehalt zahlen, auch wenn er die Arbeitsleistung dafür nicht „angenommen“ hat.
Das Arbeitsgericht als erste Instanz wies die Klage ab. Der Mann legte Berufung beim Landesarbeitsgericht (LAG) ein. Das LAG wies die Berufung zurück. Die Meinung der Richter: Der Mann habe trotz der unwirksamen Kündigungen der Firma keinen Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung. Dafür hätte er das Angebot der Firma akzeptieren müssen, während des Kündigungsschutzprozesses bei ihr weiterzuarbeiten . Der Mann sei deshalb nicht leistungswillig im Sinne des § 297 BGB gewesen.
Der Mann wandte sich an die höchste Arbeitsgerichtsinstanz, das BAG. Dort betrachteten die Richter den Fall ganz anders – und gaben ihm Recht.
Das sagt das Gericht
Die Firma befand sich aufgrund ihrer unwirksamen fristlosen Kündigungen im Annahmeverzug, ohne dass es eines Arbeitsangebots des Mannes bedurft hätte. Sprich: Anders als im Arbeitsrecht üblich, musste der Mann in diesem speziellen Fall nicht zur Arbeit erscheinen, um Anspruch auf sein Gehalt zu haben.
Der Grund dafür liegt im widersprüchlichen Verhalten der Firma: Einerseits kündigte sie dem Mann fristlos – die Weiterbeschäftigung des Mannes bis zum Ende der Kündigungsfrist sei also unzumutbar. Gleichzeitig aber machte sie ihm das Angebot, ihn für die Dauer der gerichtlichen Auseinandersetzung weiter zu beschäftigen.
Die Richter schlossen deshalb darauf, dass das Angebot der Weiterbeschäftigung nicht ernstgemeint war. Lehnt der Mann ein solches „Angebot“ ab, lässt dies nicht auf fehlenden Leistungswillen schließen.
Im Gegenteil war hier dem Mann eine Beschäftigung bei der Firma während des ersten Prozesses (also im Kündigungsschutzprozess) nicht zuzumuten, und zwar aufgrund der gegen ihn im Rahmen der Kündigungen erhobenen Vorwürfe und der Herabwürdigung seiner Person. Dass er in dieser Zeit nicht zur Arbeit erschien, darf sich also nicht auf seinen Anspruch auf Gehalt auswirken.
Dem steht nicht entgegen, dass der Mann im Kündigungsschutzprozess vorläufige Weiterbeschäftigung beantragt hat. Dieser Antrag war auf die Prozessbeschäftigung nach festgestellter Unwirksamkeit der Kündigungen gerichtet. Nur wenn der Mann in einem solchen Fall die Weiterbeschäftigung abgelehnt hätte, hätte er sich widersprüchlich verhalten. Hier ging es dagegen um die Weiterbeschäftigung in der Zeit bis zur erstinstanzlichen Entscheidung.
Anders ausgedrückt: Es macht einen Unterschied, ob der Arbeitnehmer trotz der gegen ihn im Rahmen einer verhaltensbedingten Kündigung erhobenen (gravierenden) Vorwürfe weiterarbeiten soll, oder ob er nach erstinstanzlichem Obsiegen im Kündigungsschutzprozess „rehabilitiert“ in den Betrieb zurückkehren kann.
Der Mann erhält also sein Gehalt auch für jene Zeit, in der er nicht zur Arbeit erschien.
Wenn Sie das Thema Kündigung interessiert, laden Sie sich unsere Praxisinfo „Kündigung“ herunter. Auch Musterkündigungsschreiben finden Sie auf unserer Homepage.
Nutzen Sie auch die Rechtsberatung des Virchowbundes, denn gerade in Bezug auf Kündigungen sollten Sie sich stets rechtlich absichern.
Nebenjob als Ärztin im Homeoffice: Brauchen Sie eine Sozialversicherung?
Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat am 20.02.2023 (Az.: L 2/12 BA 17/20) entschieden, dass Ärzte bei einer Beratungshotline abhängig beschäftigt sein können, auch wenn sie ihre Bereitschaftsdienste im Homeoffice erbringen.
So kam es zur Entscheidung
Ein Unternehmen und eine Rettungsmedizinerin kooperierten im Rahmen einer ärztlichen Notfallhotline für Taucher. Die Hotlineberatung ist Teil des Unterstützungspakets einer Reise- und Auslandskrankenversicherung. Für die ständige Erreichbarkeit der Hotline werden aus einem Pool jeweils zwei Ärzte pro Schicht eingeteilt, die meist aus ihrer häuslichen Umgebung telefonische Kundenanfragen beantworten und ggf. eine Behandlungskoordination übernehmen können.
Im Statusfeststellungsverfahren stufte die Deutsche Rentenversicherung (DRV) eine solche Ärztin als abhängig beschäftigt ein. Die Ärztin selbst und das Unternehmen gingen dagegen von einer selbstständigen Tätigkeit aus, da es keine Verpflichtung zu Bereitschaftsdiensten gegeben habe. Die Telefonate habe sie überall führen können, wo ein Telefonat in Ruhe möglich sei. Die Intensität der Beratungen habe sie völlig frei gestalten können.
Das sahen die Richter anders.
Das sagt das Gericht
Die Rechtsaufassung der DRV ist richtig. Unter dem Dach eines Rahmenvertrags habe die Ärztin die Verpflichtung übernommen, für die Dauer der zugeteilten Schichten erreichbar zu sein und die wirtschaftlichen Vorgaben des Unternehmens zu beachten. Aus der ärztlichen Eigenverantwortung bei Heilbehandlungen könne nicht ohne Weiteres auf eine selbstständige Tätigkeit geschlossen werden, sie werde hierdurch noch nicht zur Unternehmerin.
Auch der Umstand, dass sie zu Hause gearbeitet und keinen Weisungen zum Arbeitsort unterlegen habe, sei in Anbetracht der heute vielfältigen Möglichkeiten zur Arbeit im Homeoffice kein taugliches Abgrenzungskriterium mehr. Bei abhängigen Tätigkeiten bestünden gerade im Homeoffice grundsätzlich weitgehende Freiheiten bei der Festlegung der Arbeitszeiten.
Achtung: So mancher Arbeitsvertrag sieht nach Selbstständigkeit aus, legt jedoch eine Scheinselbstständigkeit nahe. Was das ist, erklären wir auf DocCheck.
Sie haben Fragen zu Arbeitsverträgen oder Nebentätigkeiten? Wenden Sie sich an unsere Rechtsberatung und lassen Sie Ihren Vertrag prüfen.
Cookie-Einstellungen
Wir nutzen Cookies, um Ihnen die bestmögliche Nutzung unserer Webseite zu ermöglichen und unsere Kommunikation mit Ihnen zu verbessern. Wir berücksichtigen Ihre Auswahl und verwenden nur die Daten, für die Sie uns Ihr Einverständnis geben.
Notwendige Cookies
Diese Cookies helfen dabei, unsere Webseite nutzbar zu machen, indem sie Grundfunktionen wie Seitennavigation und Zugriffe auf sichere Bereiche ermöglichen. Unsere Webseite kann ohne diese Cookies nicht richtig funktionieren.
Statistik-Cookies
Diese Cookies helfen uns zu verstehen, wie Besucher mit unserer Webseite interagieren, indem Informationen anonym gesammelt werden. Mit diesen Informationen können wir unser Angebot laufend verbessern.
Marketing-Cookies
Diese Cookies werden verwendet, um Besuchern auf Webseiten zu folgen. Die Absicht ist, Anzeigen zu zeigen, die relevant und ansprechend für den einzelnen Benutzer und daher wertvoller für Publisher und werbetreibende Drittparteien sind.