In unserem Rechts-Newsletter sammeln wir für Sie aktuelle Urteile und juristische Fälle. Sie haben noch Fragen zu Arbeitsrecht, Berufsrecht oder einem Vertrag? Ich berate Sie gern.

Andrea Schannath
Rechtsberatung

Patient stirbt – darf behandelnder Arzt erben?

Wird der behandelnde Arzt zum Erben eingesetzt, macht das ein Testament nicht (teilweise) nichtig. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat daher am 21.12.2023 (Az.: 21 W 91/23) dem Erbscheinsantrag eines behandelnden Arztes stattgegeben.
 

So kam es zur Entscheidung

Die Erblasserin hatte ihren behandelnden Arzt in mehreren Testamenten, zuletzt 2021, neben weiteren Freunden und Verwandten zum Miterben eingesetzt. Das Testament aus dem Jahr 2021 hatte sie ihrem Arzt vorgelegt und ihn um Bestätigung ihrer Testierfähigkeit gebeten. Der Arzt hatte einen entsprechenden Vermerk auf dem Testament angebracht.

Nach dem Tod der Erblasserin beantragen nunmehr er und zwei weitere Miterben die Erteilung eines Erbscheins auf Grundlage dieses Testaments.

In dem Erbscheinsverfahren hatte einer der übrigen Miterben das Testament mit der Begründung angefochten, es liege ein Verstoß gegen § 32 der Berufsordnung vor. Gemäß § 32 Abs. 1 BO-Ä ist es „Ärztinnen und Ärzten nicht gestattet, von Patientinnen und Patienten (…) Geschenke oder andere Vorteile (…) sich versprechen zu lassen oder anzunehmen, wenn hierdurch der Eindruck erweckt wird, dass die Unabhängigkeit der ärztlichen Entscheidung beeinflusst wird“. Zudem sei die herzkranke und pflegebedürftige Erblasserin testierunfähig gewesen. Der Miterbe hatte seinerseits einen Erbscheinsantrag auf Grundlage eines vorherigen Testaments gestellt.

Das Nachlassgericht hatte beide Erbscheinsanträge zurückgewiesen. Das Testament von 2021 sei in Bezug auf die Erbeinsetzung des behandelnden Arztes wegen eines Verstoßes gegen § 32 BO-Ä teilnichtig, sodass keiner der beiden Erbscheinsanträge zutreffend sei. Das beurteilten die Richter am OLG anders.
 

Das sagt das Gericht

Der Arzt sei wirksam als Miterbe eingesetzt worden. Die berufsständische Regelung in der Satzung der Landesärztekammer stelle zwar im Ausgangspunkt ein Verbotsgesetz i.S.d. § 134 BGB dar. Eine verfassungskonforme Auslegung ergebe jedoch, dass ein etwaiger Verstoß des Arztes nicht dazu führe, dass die Testierung durch den Erblasser nichtig sei.

Anders als vergleichbare Verbotsgesetze für die Pflege in Heimen, deren Schutzbereich auch den Testierenden erfasse, richte sich § 32 BO-Ä in erster Linie an den behandelnden Arzt als Mitglied der Ärztekammer. Demnach enthalte § 32 BO-Ä kein an den Testierenden gerichtetes Testierverbot. „Eine solche Auslegung würde einen unangemessenen Eingriff in die durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Testierfreiheit darstellen“. Konkrete Anhaltspunkte für eine Testierunfähigkeit der Erblasserin lägen ebenfalls nicht vor.

Die Entscheidung ist anfechtbar. Weil es sich um eine bislang noch nicht höchstrichterlich entschiedene Frage handelt, hat das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Wir werden über die dort getroffene Entscheidung berichten.

Tipp

Haben Sie Fragen zum Berufsrecht, lassen Sie sich von uns beraten. Lieber zu oft nachgefragt als vor Gericht gelandet.

Um stets auf Nummer sicher zu gehen, nutzen Sie auch unsere Praxisinfos „Berufshaftpflicht“ und „Behandlungsfehler“.

Übrigens stehen Ihre eigenen Erben teilweise auch noch in der Pflicht, nachdem Sie Ihre Praxis abgegeben haben, zum Beispiel beim Thema Patientenakten aufbewahren oder Behandlungsfehlern.

Gilt Approbationsentzug vor Gericht als strafmindernd?

Ist der Widerruf der ärztlichen Approbation wahrscheinlich, so muss dies im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigt werden. Wird dieser Umstand nicht erörtert, ist die Entscheidung über die Strafhöhe angreifbar.

Ist der Entzug der Approbation dagegen unwahrscheinlich, muss er nicht berücksichtigt werden. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 9.11.2023 (Az.: III 3 ORs 60/23) hervor.
 

So kam es zur Entscheidung

Ein Arzt wurde wegen Todes eines Patienten infolge eines Behandlungsfehlers vom Amtsgericht Gütersloh wegen fahrlässiger Tötung zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und vier Monaten verurteilt. Das Landgericht Bielefeld bestätigte diese Entscheidung.

Nun hatte das Oberlandesgericht Hamm über den Fall zu entscheiden. Dabei ging es u. a. um die Frage, ob die Möglichkeit des Approbationsentzug bei der Strafzumessung hätte erörtert werden müssen.
 

Das sagt das Gericht

Es sei nicht zu beanstanden, dass ein möglicher Entzug der ärztlichen Approbation nicht erörtert wurde. Denn dass der Entzug der Approbation hier droht, sei unwahrscheinlich. Nach den Feststellungen sei der Angeklagte nach wie vor als Arzt tätig. Würde von der zuständigen Behörde ernsthaft ein Entzug erwogen, so wäre es naheliegend gewesen, das Ruhen der Approbation anzuordnen. Disziplinarische Vorermittlungen seien hier aber nicht ersichtlich.

Tipp

Wollen Sie wissen, wann der Entzug der Approbation droht, informieren Sie sich in unserem Blog. Sind Sie selbst betroffen, steht Ihnen unsere Rechtsberatung gerne zur Verfügung.

Unsere Praxisinfo „Zulassung“ informiert darüber, was außer der Approbation noch Voraussetzungen für die Arbeit als Vertragsarzt oder Vertragsärztin sind.

Voraussetzungen, Möglichkeiten und praktische Hilfe rund um die Arbeit als Arzt oder Ärztin in Niederlassung finden Sie unseren Praxisinfos und Musterverträgen. Auch unsere Praxisberatung und Rechtsberatung stehen Ihnen bei konkreten Fragen zur Seite.

AU zu spät bei der Kasse: Bekommen Versicherte Krankengeld?

Wenn eine Krankschreibung verspätet eingereicht wird, muss trotzdem Krankengeld gezahlt werden.

Der Anspruch auf Krankengeld darf nicht ausgesetzt werden, wenn eine Folgekrankschreibung verspätet bei der gesetzlichen Krankenkasse eingereicht wird. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel am 30.11.2023 (Az.: B 3 KR 23/22 R) entschieden.

Seit 2021 sind nicht mehr die Versicherten, sondern die Vertragsärzte zur Übermittlung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verpflichtet. Trifft die AU wegen Ausfällen der Telematikinfrastruktur oder technischen Störungen verspätet ein, kann dies nicht den Versicherten angelastet werden.
 

So kam es zur Entscheidung

Eine Arbeitsunfähigkeit eines Mannes war lückenlos vom 31. März 2021 bis zum 21. Juli 2021 attestiert. Die Folgebescheinigungen gingen jedoch zu spät bei der Krankenkasse ein.

Vom 12. Mai bis 21. Juli 2021 lehnte die Krankenkasse daher die Krankengeldzahlung ab. Dagegen klagte der Mann und war erfolgreich.
 

Das sagt das Gericht

Seit Anfang 2021 seien die Vertragsärzte verpflichtet, die Krankschreibungen elektronisch an die gesetzlichen Krankenkassen zu übermitteln. Gehe daher eine vom Arzt zu übersendende AU-Bescheinigung zu spät bei der Krankenkasse ein, dürfe dies nicht zulasten des Versicherten gehen und ihm das Krankengeld vorenthalten werden.

Der Anspruch auf Krankengeld ruht nicht, wenn die Arbeitsunfähigkeitsdaten im elektronischen Verfahren übermittelt werden. Auch ruht er nicht, wenn der Vertragsarzt die Daten nicht übermittelt – ob er dies generell nicht tut oder nur im Einzelfall aufgrund von Störungen oder Unterlassungen. Schließlich gilt der Anspruch auf Krankengeld auch dann, wenn der Versicherte die Arbeitsunfähigkeit nicht selbst binnen einer Woche nach Beginn der Krankenkasse meldet.

Seit 2021 müssen Ärzte und Gesundheitseinrichtungen, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen, eine festgestellte Arbeitsunfähigkeit ihrer Patienten selbst an die Krankenkassen melden. Damit müssen die Versicherten dies nicht mehr tun.

Um selbst nicht schadensersatzpflichtig zu werden, achten Sie darauf, dass die jeweiligen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ordnungsgemäß an die Krankenkasse des Patienten oder der Patientin übermittelt werden. Lesen Sie hier mehr über Atteste, Vorlagen und deren Abrechnung (auch über GOÄ Nr. 70 und 75) und laden Sie unsere Praxisinfo „Atteste“ herunter.

Die AU betrifft eine Mitarbeiterin oder einen Kollegen? Unter „Krankheit von Mitarbeitern“ finden Sie Informationen dazu, ebenso in unserer Praxisinfo „Erkrankte Mitarbeiter“.

Häufig kommen Krankenkassen gerade mit Fragen zu Ihnen, wenn Sie eine AU ausgestellt haben. Hier erfahren Sie, wann und ob Sie Kassenanfragen beantworten müssen.  

Die AU können Sie mittlerweile in vielen Fällen auch als Telefon-AU oder per Videosprechstunde ausstellen.

Müssen Sie Patienten über mögliche OP-Erweiterung aufklären?

Muss der Arzt oder die Ärztin eine Operationserweiterung oder eine andere Operationsmethode ernsthaft erwägen, muss er oder sie dem Patienten vor chirurgischen Eingriffen hierüber und über die damit ggf. verbundenen besonderen Risiken aufklären.

Grundsätzlich sieht § 630e Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB keine vor der Einwilligung einzuhaltende „Sperrfrist" vor, deren Nichteinhaltung zur Unwirksamkeit der Einwilligung führen würde. Das hat der Bundesgerichthof (BGH) am 21.11.2023 (Az.: VI ZR 380/22) entschieden.
 

So kam es zur Entscheidung

Ein Mann litt im Herbst 2016 unter anhaltenden Beschwerden in der rechten Schulter. Der Chefarzt für Schulterchirurgie riet ihm zur operativen Versorgung der rechten Schulter und des rechten Ellenbogens.

Am 5.10.2016 wurde mit dem Mann ein Aufklärungsgespräch geführt. Darin wurde er u. a. über „evtl. erforderliche Erweiterungen (z. B. Umsteigen auf eine offene Operation“ hingewiesen. Die Einwilligungserklärung unterzeichnete er.

Der Eingriff am 7.10.2016 wurde arthroskopisch begonnen. Allerdings wurde er sodann durch Erweiterung eines der Arthroskopieschnitte mittels Mini-open-Technik fortgeführt bzw. erweitert. Wegen einer postoperativ aufgetretenen Infektion musste sich der Mann anschließend zwei weiteren Operationen an der rechten Schulter unterziehen.

Er war der Ansicht, der Chefarzt habe die Operationserweiterung ohne seine Einwilligung vorgenommen. Das mit der Erweiterung des Operationsgebiets verbundene Risiko einer Infektion habe sich bei ihm verwirklicht. Außerdem sei ihm nicht die erforderliche Überlegungszeit nach der Aufklärung gewährt worden.

Die Klage auf Schadensersatz wegen fehlerhafter ärztlicher Behandlung und unzureichender Aufklärung blieb aber erfolglos.
 

Das sagt das Gericht

Der Mann war im Aufklärungsgespräch am 5.10.2016 über die Möglichkeit einer Änderung der Operationsmethode im Verlauf der Operation aufgeklärt worden und hatte daraufhin seine Einwilligung auf dem Aufklärungsbogen erteilt. Seine Ehefrau hatte angegeben, der Mann sollte eine arthroskopische Operation „kriegen“ und man habe sich in dem Gespräch auf diese Methode geeinigt.

Dieser Angabe war nicht zu entnehmen, dass der Eingriff unabhängig von intraoperativ auftretenden Besonderheiten unter allen Umständen arthroskopisch hätte zu Ende geführt werden müssen. Denn dies hätte – wie auf Seite 2 des Aufklärungsbogens ausgeführt – zur Folge gehabt, dass der Eingriff ohne Versorgung der betroffenen Struktur hätte abgebrochen werden müssen, um erneut mit dem Patienten zu sprechen. Für eine so weitgehende Einschränkung der intraoperativen Reaktionsmöglichkeiten, die sich – wie im Aufklärungsbogen dargestellt – zum Nachteil des Patienten auswirken kann, hätte es vielmehr einer eindeutigen Klarstellung bedurft.

Ohne Erfolg blieb auch der Einwand, die Aufklärung über einen möglichen Methodenwechsel sei deshalb unzureichend, weil der Mann nicht auf die mit dem Übergang zur Mini-open-Technik verbundene erhöhte Gefahr einer postoperativen Infektion hingewiesen worden sei. Die Infektionsraten der angewendeten Operationstechnik und der Arthroskopie seien gleich.

Die Frage, ob über eine Operation mit zeitlichem Abstand aufgeklärt werden muss, war mangels Rüge unerheblich. Grundsätzlich sieht § 630e Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB keine vor der Einwilligung einzuhaltende „Sperrfrist“ vor, deren Nichteinhaltung dazu führen würde, dass die Einwilligung unwirksam sei. Die Bestimmung erfordert nicht, dass zwischen Aufklärung und Einwilligung ein bestimmter Zeitraum liegen müsse.

Tipp

Schützen Sie sich vor möglichen Klagen und Gerichtsverfahren mit unseren Informationen zu:

Nutzen Sie auch unsere Praxisinfo „Berufshaftpflicht“ und unsere Muster „Behandlungsvertrag für GKV-Versicherte sowie „Behandlungsvertrag für Privatversicherte“.

Apropos Versicherung: Günstige Versicherungskonditionen bekommen Sie bei unserem Partner Ecclesia Med. Sie interessieren sich für weitere Versicherungen? Lesen Sie hier, welche Versicherungen für Sie sinnvoll sein können.

Honorarbeteiligung an einer Privatpraxis: Gilt das als Selbstständigkeit?

Eine Augenärztin, die mit einer 35 %-igen Honorarbeteiligung in einer Privatpraxis tätig ist und dort kein unternehmerisches Verlustrisiko trägt, ist abhängig beschäftigt. Das hat das Bundessozialgericht am 12.12.2023 (Az.: B 12 R 10/21 R) entschieden.
 

So kam es zur Entscheidung

Eine Augenärztin war mit einem „Servicevertrag“ seit 2014 bei einer Privatpraxis tätig. Die Abrechnung gegenüber dem Finanzamt oblag ihr selbst. Die Ärztin verpflichtete sich zu einem einheitlichen Auftreten nach außen, beispielsweise zur Verwendung der von der Privatpraxis entwickelten Formulare. Für die Nutzung der Praxisinfrastruktur trat die Augenärztin 65 % ihrer Einnahmen an die Privatpraxis ab.

Die Praxis rechnete gegenüber den Patienten ab, die die Ärztin behandelte. Sie selbst haftete ihren Patienten gegenüber. In der Gestaltung ihrer Arbeitszeit hatte sie erhebliche Freiheiten.

Die deutsche Rentenversicherung Bund stufte die Tätigkeit der Augenärztin als abhängige Beschäftigung ein. Dagegen klagte die Privatpraxis, aber ohne Erfolg.
 

Das sagt das Gericht

Die Augenärztin war abhängig beschäftig. Maßgeblich waren folgende Umstände des Einzelfalls:

  • Die Augenärztin trug kein Verlustrisiko – sie musste nur einen Teil (65 %) ihrer Einkünfte abgeben, d. h. anders im Gegensatz zur echten Unternehmerin entstanden ihr keine Kosten, wenn keine oder ungenügende Einnahmen erzielt wurden.
  • Sie war in die Betriebsabläufe der Praxis eingegliedert: Auf die Nutzung vorhandener räumlicher, personeller und sächlicher Infrastruktur war sie angewiesen, ohne bei deren Auswahl, Kosten, Wartung oder Qualifikation Mitsprachemöglichkeit zu haben.
  • Sie arbeitete mit dem Praxispersonal arbeitsteilig zusammen, konnte ihm nur fachliche Weisung erteilen und hatte keine Arbeitgeberfunktion.
  • Sie war an die von der Praxis vorgegebenen Öffnungszeiten gebunden. Praxis und Ärztin traten zudem durch die Verwendung von der Praxis entwickelter Formulare gegenüber allen Patienten auch nach außen einheitlich auf.
  • Das gesamte Patientenmanagement erbrachte die Praxis. Die Ärztin selbst vergab keine Termine und sagte auch keine ab.
  • Das Qualitätsmanagement wurde ebenfalls durch die Praxis sichergestellt und unterlag nur deren Anforderungen.
Tipp

Ob eine sozialversicherungspflichtige abhängige Beschäftigung vorliegt, können Sie auf Antrag eines Beteiligten (Arbeitnehmer, Arbeitgeber oder z. B. Krankenversicherung) prüfen lassen (sog. Statusfeststellungsverfahren).

Weitere Informationen zur Scheinselbständigkeit und den Kriterien der Einordnung finden Sie in unserem Blog unter „Selbstständig oder doch angestellt?“. 

Sie möchten sich selbstständig machen? Dann helfen Ihnen unsere Seiten unter „Praxis gründen und ausbauen“, unsere Praxisinfo „Der Weg in die ambulante Tätigkeit“ sowie unsere Praxisberatung weiter.

Zur Erinnerung: Freiberuflich arbeiten Sie als Arzt oder Ärztin immer – selbstständig hingegen nicht unbedingt. Die Unterschiede sind nicht nur für die Steuererklärung relevant.

Dürfen Heilpraktiker Blut abnehmen?

Heilpraktikern kann das Entnehmen von Blut im Rahmen von „Eigenblutbehandlungen“ untersagt werden. Das hat das Bundesverfassungsgericht am 2201.2024 entschieden und drei Verfassungsbeschwerden (Az.: 1BvR 2078/23, 1BvR 2171/23 und 1 BvR 2182/23) nicht zur Entscheidung angenommen.
 

So kam es zur Entscheidung

Die zuständigen Behörden untersagten mehreren Heilpraktikern, Klienten zwecks sogenannter Eigenblutbehandlungen Blut zu entnehmen.

Hiergegen wandten sich die Heilpraktiker. Das Bundesverwaltungsgericht entschied, dass die von den Beschwerdeführern praktizierten Blutentnahmen gegen § 7 Abs. 2 Transfusionsgesetz (TFG) verstoßen. Die Anwendung des TFG sei nicht durch § 28 TFG ausgeschlossen.

Gegen die Entscheidung erhoben die Heilpraktiker Verfassungsbeschwerde, aber ohne Erfolg.

Das besagt § 28 Transfusionsgesetz (TFG)

§ 28 Ausnahmen vom Anwendungsbereich

Dieses Gesetz findet keine Anwendung auf die Entnahme einer geringfügigen Menge Blut zu diagnostischen Zwecken, auf homöopathische Eigenblutprodukte, autologes Blut zur Herstellung von biotechnologisch bearbeiteten Gewebeprodukten und auf die Entnahme einer geringfügigen Menge Eigenblut zur Herstellung von Produkten für die zahnärztliche Behandlung (…).

(Hervorhebungen von uns)

Das sagt das Gericht

Die gegen die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts gerichteten Verfassungsbeschwerden sind unzulässig: Sie wurden nicht so substantiiert begründet, dass es den gesetzlichen Darlegungsanforderungen genügt. Denn die Heilpraktiker haben die Behandlungsmethoden nicht im Detail aufgezeigt und keine Unterlagen vorgelegt, anhand derer sich feststellen lässt, welche Behandlungen genau sie in ihrer jeweiligen Praxis angewendet haben.

Dies ist aber entscheidend für die Frage, ob die Ausnahme des § 28 TFG vom Bundesverwaltungsgericht verfassungsrechtlich vertretbar verneint wurde. Da es diverse Eigenblutbehandlungen gibt und die Behandlungen unterschiedlichen gesetzlichen Anforderungen unterliegen, kann das angegriffene Verbot für Heilpraktiker nur in Kenntnis der konkret streitgegenständlichen Behandlungsmethode verfassungsrechtlich beurteilt werden.

Für die Prüfung der Verhältnismäßigkeit sind besonders die mit der Behandlung einhergehenden Gesundheitsrisiken von Bedeutung. Diese unterscheiden sich je nach Behandlungsmethode.

Darüber hinaus haben die Heilpraktiker keine Grundrechtsverletzung substantiiert und schlüssig dargelegt. Stattdessen behaupteten sie, § 28 TFG könne so interpretiert werden, dass „homöopathische Eigenblutprodukte“ auch Blutprodukte umfassen, die nicht nach Europäischem Arzneibuch oder offiziellen Pharmakopöen hergestellt wurden – und verwiesen auf entsprechende Gerichtsurteile.

Diese Behauptung reiche nicht aus. Denn die bisher in der Rechtsprechung vertretenen, vom Bundesverwaltungsgericht abweichenden Auffassungen führen auf einfachrechtlicher Ebene keineswegs zwingend zur Zulässigkeit aller von Heilpraktikern angebotenen Eigenblutbehandlungen.

Die Heilpraktiker müssen darlegen, nach welcher nachvollziehbaren Auslegung ihre praktizierten Behandlungen von § 28 TFG erfasst werden und damit vom Arztvorbehalt ausgenommen sind. Solange sie dies nicht tun, fehlt eine substantiierte Begründung, dass sie gerade durch die von ihnen angegriffene Auslegung des § 28 TFG durch das Bundesverwaltungsgericht beschwert sind.

Tipp

Wer Blut abnehmen darf, ist eine Frage – wie Sie beim genauen Ablauf auf der sicheren Seite bleiben, eine andere. Nutzen Sie unsere Checkliste „Blutabnahme (venös)” für Ihr Praxisteam. Am besten hängen Sie die Liste gut sichtbar für alle Mitarbeitenden in Ihre Behandlungsräume.

Praxis-Knowhow

Behandlungsvertrag

Hier erfahren Sie, was ein Behandlungsvertrag beinhaltet und wann er nützlich oder notwendig sein kann.

Praxis-Knowhow

Atteste ausstellen

Hier erfahren Sie, wie Sie Atteste richtig ausstellen und abrechnen und wann Sie ein Attest verweigern dürfen.

Recht & Verträge

Berufshaftpflicht

Klagen wegen Kunstfehler können die Existenz bedrohen. An einer Berufshaftpflichtversicherung führt kein Weg vorbei.

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