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Auskunft über persönliche Daten: Wie weit reicht der Anspruch?
Wie weit reicht ein Auskunftsanspruch aus Art. 15 DSGVO? Diese Frage sorgt vor Gerichten immer wieder für Diskussionsstoff. Besonders bei langjährigen Mitarbeitenden können sich so große Datenmengen angesammelt haben, dass das Aushändigen schwierig ist. Daher hat das Arbeitsgericht Heilbronn die Grenzen des Auskunftsanspruchs am 27.03.2025 (Az.: 8 Ca 123/24) auf ein zumutbares Maß beschränkt.
So kam es zur Entscheidung
Ein Arbeitnehmer, der 24 Jahre lang bei einem Unternehmen beschäftigt war, forderte von seinem Arbeitgeber eine Kopie seiner sämtlichen Daten. Sein erklärtes Ziel: Er wollte nachweisen, dass er über die Jahre 4.000 Überstunden angesammelt hatte.
Das Unternehmen reagierte und lieferte eine beachtliche Menge an Daten: 400 PDF-Seiten und einen USB-Stick mit einer Liste von 55.000 E-Mails (Absender, Empfänger, Betreff, Datum).
Dem Arbeitnehmer reichte das nicht. Er bemängelte, dass zahlreiche E-Mails und andere Daten fehlten, die er für seinen Überstundennachweis benötige, und forderte Schadensersatz. Vor Gericht scheiterte er aber.
Das sagt das Gericht
Der Anspruch des Arbeitnehmers ist abzulehnen. Denn bei einem so umfangreichen Datensatz, wie er bei einem jahrzehntelangen Arbeitsverhältnis angesammelt wird, kann man vom Arbeitnehmer verlangen, dass er näher präzisiert, auf welche Informationen oder welche Verarbeitungsvorgänge sich sein Auskunftsersuchen bezieht.
Je größer die Menge an Daten und je unkonkreter das Auskunftsverlangen, desto weniger ist dem Verantwortlichen zuzumuten, dass er eine allumfassende Auskunft erteilt. Entsprechend muss sich der Auskunftsberechtigte dann umso mehr mit allgemeinen Angaben begnügen, z. B. mit der Bereitstellung einer strukturierten Zusammenfassung der verarbeiteten Daten in Tabellenform oder mit leicht zugänglichen Informationen.
Mit anderen Worten: Ein Arbeitgeber muss nicht auf monatelange „Schatzsuche“ nach jeder einzelnen Information gehen, wenn der Anfragende selbst nicht genau sagen kann, was er sucht.
Auskunftsersuchen müssen nur Sie nachkommen, wenn die begehrte Auskunft mit zumutbarem Aufwand erteilt werden kann. Der Auskunftsanspruch des Ersuchenden beinhaltet nicht das Recht, alle Dokumente, die mit der personenbezogenen Datenverarbeitung in Zusammenhang stehen, in Kopie zu erhalten.
Vielmehr müssen die Dokumente zur Verfügung gestellt werden, die erforderlich sind, damit die betroffene Person ihre Rechte aus der DSGVO ausüben kann. Er oder sie muss also im Einzelnen darlegen, welche E-Mails genau benötigt werden.
Bei pauschalen Anfragen zu riesigen Datenmengen (z. B. „alle meine E-Mails der letzten 10 Jahre“), sollten Sie den Betroffenen auffordern, sein Ersuchen zu konkretisieren. Fragen Sie nach, auf welche Informationen oder Verarbeitungsvorgänge es ihm oder ihr ankommt.
Weitere Informationen rund um Datenherausgabe und -erfassung finden Sie hier:
- Praxisinfo „DSGVO in der Arztpraxis“
- Datenschutz in der Praxis
- Wenn Patienten Krankenunterlagen anfordern
- Arbeitszeiterfassung
- So lange sollten Sie Verträge aufbewahren
Lesen Sie auch unseren anderen DSGVO-Fall zum Thema Schadenersatz bei unvollständiger Datenherausgabe.
Neu geregelte Vorhaltepauschale für Hausärzte ab 1. Januar 2026
Die Vorhaltepauschale für Hausarztpraxen wird aufgrund gesetzlicher Vorgaben neu geregelt und in neuer Form zum 01.01.2026 eingeführt. Mit ihr soll die hausärztliche Grundversorgung stärker gefördert werden. KBV und GKV-Spitzenverband haben am 19.08.2025 im Bewertungsausschuss die Details beschlossen.
Der Bewertungsausschuss hatte den gesetzlichen Auftrag, die Zusatzpauschale für die Wahrnehmung des hausärztlichen Versorgungsauftrags (GOP 03040) neu festzulegen und Voraussetzungen zu definieren, die Praxen erfüllen müssen, um die Pauschale künftig zu erhalten.
Bestehen bleibt die Grundsystematik der Gebührenordnungsposition (GOP) 03040, also der jetzigen Vorhaltepauschale, die seit 2013 als Zusatzpauschale zu den Versichertenpauschalen für die Wahrnehmung des hausärztlichen Versorgungsauftrages gezahlt wird. Hausärztinnen und Hausärzte erhalten sie weiterhin einmal im Behandlungsfall, wenn sie in dem Quartal keine fachärztlichen Leistungen bei dem Patienten durchgeführt und abgerechnet haben.
Die Bewertung der GOP 03040 wird zum 1. Januar allerdings abgesenkt – von 138 auf 128 Punkte. Dafür gibt es einen Zuschlag von 10 Punkten, wenn die Praxis mindestens 2 von 10 Kriterien erfüllt, zum Beispiel Haus- und Pflegeheimbesuche sowie Ultraschalluntersuchungen durchführt. Werden mindestens 8 Kriterien erreicht, erhält die Praxis statt der 10 Punkte einen Zuschlag von 30 Punkten.
Welche Gefahren sich durch die neue Vorhaltepauschale bei der Abrechnung ergeben, darüber informieren wir am 04.11.2025 im Lunchbreak-Webinar.
Welchen Unterschied die Praxisgröße macht
Die Bewertung der GOP 03040 ist abhängig von der Praxisgröße. Praxen mit mehr als 1.200 Behandlungsfällen je Hausarzt im Quartal erhalten eine etwas höhere Pauschale. Bei weniger als 400 Behandlungsfällen je Hausarzt gibt es einen Abschlag.
Neu ist ein Abschlag für Hausarztpraxen, die weniger als 10 Schutzimpfungen im Quartal durchführen. Ihre Vorhaltepauschale wird um 40 Prozent gekürzt, da Impfen zur hausärztlichen Grundversorgung gehört.
- Hausärztinnen und Hausärzte, die 2 bis 7 der 10 Kriterien erfüllen, bekommen einen Zuschlag von 10 Punkten zur GOP 03040 (128 Punkte plus 10).
- Erfüllt eine Praxis 8 oder mehr Kriterien, bekommt sie einen höheren Zuschlag von 30 Punkten (128 Punkte plus 30) und damit etwas mehr Geld als bisher.
Bei den Kriterien, die der Gesetzgeber vorgegeben hat, handelt es sich um Leistungen der hausärztlichen Grundversorgung. Beispiele sind Haus- und Pflegeheimbesuche, Schutzimpfungen, Ultraschalldiagnostik und hausärztliche Basisdiagnostik wie Langzeit- oder Belastungs-EKG. Diese Leistungen müssen bezogen auf die Zahl der Behandlungsfälle einer Praxis in bestimmter Häufigkeit durchgeführt werden, um einen Zuschlag zu erhalten. Ein anderes Kriterium sind mindestens 14-täglich stattfindende Sprechstunden am Abend oder am Freitagnachmittag.
Vorhaltepauschale und Zuschlag werden durch die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung zugesetzt. Beide Leistungen werden in voller Höhe gezahlt.
Ausnahmeregelungen für Schwerpunktpraxen
Für diabetologische Schwerpunktpraxen, HIV-Schwerpunktpraxen und Substitutionspraxen wurden zwei Ausnahmeregelungen vereinbart:
- Hausärzte erhalten den 10-Punkte-Zuschlag zur Vorhaltepauschale ohne die Erfüllung einer Mindestanzahl von Kriterien. Für den höheren Zuschlag von 30 Punkten müssen sie wie alle anderen Hausärzte 8 oder mehr Kriterien erfüllen.
- Der 40-prozentige Abschlag auf die Vorhaltepauschale (GOP 03040), wenn eine Praxis zu wenig impft, gilt ebenfalls nicht für Schwerpunkt- und Substitutionspraxen.
Als Schwerpunkt- bzw. Substitutionspraxen im Sinne diese Ausnahmeregelungen gelten Praxen, in denen Hausärzte bei mehr als 20 Prozent der Patienten spezialisierte diabetologische Behandlungen, spezialisierte Behandlungen von Patienten mit HIV/AIDS (EBM-Abschnitt 30.10) oder substitutionsgestützte Behandlungen Opioidabhängiger (EBM-Abschnitt 1.8) durchführen.
- Vorhaltepauschale ohne Zuschlag (128 Punkte) wird gezahlt, wenn die Praxis kein oder nur ein Kriterium erfüllt
- Vorhaltepauschale plus Zuschlag I (128 Punkte plus 10 Punkte) wird gezahlt, wenn die Praxis 2 bis 7 Kriterien erfüllt
- Vorhaltepauschale plus Zuschlag II (128 Punkte plus 30 Punkte) wird gezahlt, wenn die Praxis 8 oder mehr Kriterien erfüllt
- Die Vergütung erfolgt ohne Budget in voller Höhe
Die Grundsystematik der GOP 03040 (ab 1. Januar 2026: 128 Punkte) wird im Wesentlichen beibehalten. Das bedeutet:
- die GOP wird weiterhin als Zuschlag zur Versichertenpauschale von der jeweiligen Kassenärztlichen Vereinigung (KV) zugesetzt, wenn der Hausarzt bei dem Patienten keine fachärztlichen Leistungen im Quartal durchführt (zum Beispiel Richtlinien-Psychotherapie (EBM-Kapitel 35, mit Ausnahme der psychosomatischen Grundversorgung (GOP 35100, 35110)) oder Schlafstörungsdiagnostik (EBM-Abschnitt 30.9))
- Hausärzte mit mehr als 1.200 Behandlungsfällen im Quartal erhalten einen Aufschlag auf die GOP 03040 von 9 Punkten, bei weniger als 400 Behandlungsfällen gibt es unverändert einen Abschlag von 13 Punkten
- die GOP ist einmal im Behandlungsfall berechnungsfähig
Das sind die 10 Kriterien:
Kriterium | Anforderungen für die Erfüllung des Kriteriums |
Haus- und Pflegeheimbesuche
| mind. 5 Prozent*
|
Geriatrische / palliativmedizinische Versorgung
| mind. 12 Prozent*
|
Kooperation Pflegeheim
| mind. 1 Prozent*
|
Schutzimpfungen
| mind. 7 Prozent im 1., 2. und 3. Quartal* mind. 25 Prozent im 4. Quartal* |
Kleinchirurgie / Wundversorgung / postoperative Behandlung
| mind. 3 Prozent*
|
Ultraschalldiagnostik Abdomen und / oder Schilddrüse
| mind. 2 Prozent*
|
hausärztliche Basisdiagnostik
| mind. 3 Prozent*
|
Videosprechstunde
| mind. 1 Prozent*
|
Zusammenarbeit
| Das Kriterium gilt als erfüllt bei einer fachgleichen Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) von Hausärzten oder der Teilnahme an Qualitätszirkeln
|
Sprechstunden / Praxisöffnungszeiten
| Angebot von mindestens 14-tägig stattfindenden Sprechstunden am Mittwoch nach 15 Uhr und / oder · nach 19 Uhr und / oder |
* Die Summe der Leistungen im Verhältnis zu allen hausärztlichen Behandlungsfällen, z. B. mind. 50 Besuchsleistungen bei 1.000 Fällen (5 Prozent).
Erläuterungen
Ob eines der ersten 8 Kriterien als erfüllt gilt, hängt davon ab, wie hoch der prozentuale Anteil der geforderten Leistungen an den Behandlungsfällen einer Praxis ist. Dabei wird jede abgerechnete Leistung gezählt; beim Kriterium Schutzimpfungen zum Beispiel jede Impfung, auch wenn ein Patient an einem Tag zwei Impfungen erhält.
Beispiel: Einzelpraxis mit 1.000 Behandlungsfällen im Quartal
Für die Erfüllung dieses Kriteriums muss die Praxis so viele Leistungen nach den GOP 01410, 01411, 01412, 01413, 01415, 01721, 03062, 03063, 38100 und/oder 38105 durchführen und abrechnen, dass die Summe fünf Prozent ihrer 1.000 Behandlungsfälle entspricht. Bei 1.000 Behandlungsfällen sind also 50 Besuche im Quartal erforderlich, um das Kriterium zu erfüllen. Wird ein Patient im Quartal mehrmals besucht, wird ebenfalls die Zahl der abgerechneten Leistungen beziehungsweise Besuche gezählt und nicht die Anzahl besuchter Patienten.
Gezählt werden zudem sowohl Besuche, die der Arzt als auch das Praxispersonal durchgeführt hat.
Für die Erfüllung dieses Kriteriums muss die Praxis so viele Leistungen nach den GOP 03241, 03321, 03322, 03324 und/oder 03330 durchführen und abrechnen, dass die Summe 3 Prozent ihrer 1.000 Behandlungsfälle entspricht. Das wären 30 Untersuchungen – egal, ob dies Langzeitblutdruckmessungen, Langzeit-EKG, Belastungs-EKG oder Spirografien sind. Es können beispielsweise auch alles spirografische Untersuchungen (GOP 03330) sein.
Auch hier gilt: Werden bei einem Patienten mehrere Untersuchungen durchgeführt und abgerechnet, zählt jede Leistung – und nicht die Anzahl der Patienten mit diesen Leistungen.
Für die Erfüllung dieses Kriteriums muss die Praxis im 1., 2. und 3. Quartal eines Jahres so viele Impfungen durchführen und berechnen, dass die Summe 7 Prozent ihrer 1.000 Behandlungsfälle entspricht. Im 4. Quartal, in dem vor allem Grippeschutzimpfungen durchgeführt werden, muss die Summe der Impfungen zur Erfüllung des Kriteriums mindestens 25 Prozent betragen. Das wären beispielsweise im 4. Quartal 250 Impfungen.
Gezählt werden auch hier die durchgeführten und abgerechneten Impfungen (gemäß der Anlage 1 der Schutzimpfungsrichtlinie des G-BA) und nicht die Anzahl der geimpften Patienten. Das Kriterium umfasst die regional vereinbarten GOP des Kapitels 89, einschließlich der COVID-19-Impfungen. Auch bei Mehrfachimpfungen von Patienten im Quartal mit verschiedenen Impfstoffen (z. B. Influenza, COVID-19 und RSV) oder dem gleichen Impfstoff (z. B. FSME) zählt die Anzahl der Impfungen.
Patientenakten: So ändern, löschen und geben Sie sie korrekt heraus
Immer wieder taucht in der Rechtsberatung die Frage auf, ob Patientenunterlagen gelöscht oder nachträglich geändert werden dürfen.
In vielen Fällen wünschen Patienten das Löschen der Akte oder das Streichen von Diagnosen und anderen Einträgen in der Patientenakte, weil sie z. B. eine Versicherung abschließen wollen oder unzufrieden waren. Auch die Herausgabe der Krankenunterlagen wird oft gefordert.
Um diesen Wünschen nachzukommen, müssen Sie einiges beachten.
Löschen
Ärztliche Aufzeichnungen müssen Sie nach Abschluss der Behandlung 10 Jahre lang aufbewahren. So steht es in § 10 Abs. 3 der Musterberufsordnung und in § 630f Absatz 3 BGB, der wie folgt lautet:
(3) Der Behandelnde hat die Patientenakte für die Dauer von zehn Jahren nach Abschluss der Behandlung aufzubewahren, soweit nicht nach anderen Vorschriften andere Aufbewahrungsfristen bestehen.
Solche anderen Vorschriften bestehen z. B. beim Röntgen, Strahlenschutz, Transfusionen und D-Arzt-Verfahren.
Die jeweiligen Fristen finden Sie in unserer Praxisinfo „Aufbewahrungsfristen“.
Wenn ein Patient die Löschung seiner Unterlagen fordert, müssen Sie ihm mitteilen, dass Sie diese erst nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist löschen dürfen. Sie können auf die gesetzlichen Bestimmungen verweisen.
In vielen Fällen wird sich der Wunsch des Patienten auf Änderung mit dem Hinweis auf die gesetzlichen Bestimmungen erledigen.
Nach den 10 Jahren dürfen Sie die Krankenunterlagen datenschutzkonform vernichten, müssen dies aber nicht. War ein Patient also zum letzten Mal im Jahr 2014 bei Ihnen in Behandlung, können die Unterlagen jetzt vernichtet werden.
Änderung
Auch bei der Änderung von Patientenunterlagen müssen Sie die rechtlichen Vorgaben des § 630f Absatz 1 und 2 beachten. Sie lauten wie folgt:
(1) Der Behandelnde ist verpflichtet, zum Zweck der Dokumentation in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit der Behandlung eine Patientenakte in Papierform oder elektronisch zu führen. Berichtigungen und Änderungen von Eintragungen in der Patientenakte sind nur zulässig, wenn neben dem ursprünglichen Inhalt erkennbar bleibt, wann sie vorgenommen worden sind. Dies ist auch für elektronisch geführte Patientenakten sicherzustellen.
(2) Der Behandelnde ist verpflichtet, in der Patientenakte sämtliche aus fachlicher Sicht für die derzeitige und künftige Behandlung wesentlichen Maßnahmen und deren Ergebnisse aufzuzeichnen, insbesondere die Anamnese, Diagnosen, Untersuchungen, Untersuchungsergebnisse, Befunde, Therapien und ihre Wirkungen, Eingriffe und ihre Wirkungen, Einwilligungen und Aufklärungen. Arztbriefe sind in die Patientenakte aufzunehmen.
Sie dürfen also die Patientenakte nur ändern, wenn erkennbar bleibt:
- dass etwas geändert wurde
- wann es geändert wurde
- wie der Originalinhalt gelautet hat
Herausgabe
Auch zur Herausgabe von Patientenunterlagen findet sich im BGB eine Vorschrift. § 630g BGB lautet wie folgt:
(1) Dem Patienten ist auf Verlangen unverzüglich Einsicht in die vollständige, ihn betreffende Patientenakte zu gewähren, soweit der Einsichtnahme nicht erhebliche therapeutische Gründe oder sonstige erhebliche Rechte Dritter entgegenstehen. Die Ablehnung der Einsichtnahme ist zu begründen. § 811 ist entsprechend anzuwenden.
(2) Der Patient kann auch elektronische Abschriften von der Patientenakte verlangen. Er hat dem Behandelnden die entstandenen Kosten zu erstatten.
(3) Im Fall des Todes des Patienten stehen die Rechte aus den Absätzen 1 und 2 zur Wahrnehmung der vermögensrechtlichen Interessen seinen Erben zu. Gleiches gilt für die nächsten Angehörigen des Patienten, soweit sie immaterielle Interessen geltend machen. Die Rechte sind ausgeschlossen, soweit der Einsichtnahme der ausdrückliche oder mutmaßliche Wille des Patienten entgegensteht.
Auch wenn es im § 630g BGB steht, trägt der Patient nicht mehr die entstehenden Kopierkosten. Denn laut Artikel 15 der Datenschutz-Grundverordnung hat eine Person ein erweitertes Auskunftsrecht bezüglich ihrer personenbezogenen Daten. Das bedeutet: Eine Patientin kann von Ihnen verlangen, dass Sie ihr – kostenfrei – eine erste Kopie ihrer gesamten Behandlungsunterlagen übergeben oder übersenden.
Die DSGVO „übertrumpft“ somit den entsprechenden BGB-Paragrafen. Das hat der Europäische Gerichtshof bestätigt und der Patient muss Ihnen sein Anliegen nicht einmal begründen.
Lassen Sie sich nicht zu viel Zeit und lassen Sie ihm oder ihr die Krankenunterlagen innerhalb eines Monats zukommen.
Sie dürfen bei der ersten Kopie keine Kosten in Rechnung stellen, ab der zweiten Kopie jedoch schon. Beachten Sie, dass Sie die gesamten Krankenunterlagen herausgeben müssen, inklusive Anmerkungen von Ihnen oder Ihren Mitarbeitenden.
Mehr zum Thema Krankenunterlagen finden Sie in unseren Blogbeiträgen und Praxisinfos:
- Vorsicht vor nachträglicher Änderung der Patientenakte
- 10 Jahre? So lange müssen Sie Patientenunterlagen wirklich aufbewahren
- Wenn Patienten Krankenunterlagen anfordern
- Praxisinfo „DSGVO in der Arztpraxis“ und Praxisinfo „Aufbewahrungsfristen“
- So übertragen Sie Patientenakten in ein digitales Archiv
- So lange sollten Sie Verträge, Rechnungen und Kontoauszüge aufbewahren
Gibt es eine automatische Teilnahme am HzV-Nachfolgevertrag?
Ärztinnen und Ärzte, die in den früheren HzV-Vertrag der AOK Bayern eingeschrieben waren, nehmen nicht automatisch am Nachfolgevertrag teil. Das hat das SG München am 11.07.2025 (Az.: S 28 KA 293/20) entschieden. Demnach darf ihnen das KV-Honorar nicht einfach um die HzV-Patienten gekürzt werden.
Eine internistische Berufsausübungsgemeinschaft erhält danach eine Nachvergütung von 5.900 Euro für das Quartal III/2019. Dabei handelt es sich um Leistungen, die die KV wegen angeblicher Teilnahme der Ärzte und der betreffenden Patienten am HzV-Vertrag gestrichen hatte.
So kam es zur Entscheidung
Nach der Kündigung des HzV-Vertrages 2012 konnten sich der Hausärzteverband und die AOK 2014 nicht auf einen neuen Vertrag einigen. Eine vom Bayerischen Gesundheitsministerium eingesetzte Schiedsperson ordnete zunächst eine vorübergehende Weitergeltung an.
Zum 01.04.2015 trat dann ein neuer HzV-Vertrag in Kraft. Dieser sah vor, dass bislang eingeschriebene Patienten auch ohne neue Erklärung daran teilnehmen. Darüber und über ihr Widerspruchsrecht sollte der Hausärzteverband die Ärzte und die AOK die betroffenen Patienten „bis spätestens 12.03.2015“ informieren. Der Hausärzteverband informierte die Ärzte aber erst am 31.03.2015 per Telefax.
Mit Bescheid vom 12.02.2020 setzte die KV das Honorar der BAG für das Quartal 3/2019 fest. Mit Richtigstellungsmitteilung vom selben Tage kürzte die KV der BAG das Honorar mit Hinweis auf die Prüfregel HO11710.
Die Prüfregel lautet: „Die Gebührenordnungspositionen/der Abrechnungsfall wird gestrichen, weil nach den der KVB vorliegenden Daten der Patient in der HZV eingeschrieben ist. Die Partner der Selektivverträge haben Gebührenordnungspositionen definiert, die bei einem im Hausarztvertrag eingeschriebenen Patienten nicht über die KVB abgerechnet werden dürfen.“
Die BAG legte hiergegen Widerspruch ein. Den Ärzten sei eine Teilnahme am HzV-Vertrag nicht bekannt. Nach der Kündigung des HzV-Vertrages 2014 hätten sie keinen neuen Vertrag abgeschlossen. Deshalb seien von der Praxis auch keine Patienten über den HzV-Vertrag abgerechnet worden. Die BAG bekam Recht.
Das sagt das Gericht
Nach der Kündigung des früheren HzV-Vertrags 2012 der AOK Bayern zum 30.06.2014 ist dieser nicht stillschweigend fortgesetzt worden. Eine Übergangsregelung im nachfolgenden HzV-Vertrag 2015 für zuvor eingeschriebene Patienten greift nicht, denn die Ärzte wurden zu spät darüber informiert. Die Nachfolgeerklärung sei für die Ärzte hinfällig geworden. Ohne Abgabe einer erneuten Teilnahmeerklärung seien sie ab April 2015 an dem neuen HzV-Vertrag nicht mehr beteiligt gewesen. Entsprechend hätten die Ärzte der BAG auch keine Fehlabrechnungen vorgenommen, die durch die KV richtigzustellen gewesen sei.
Haben Sie Fragen zur Abrechnung, zu Prüfbescheiden oder droht Ihnen ein Regress, können Sie sich an unsere Praxisberatung wenden.
Nutzen Sie auch unsere zahlreichen Webinare und Lunchbreaks zu Themen rund um Abrechnung, Berufsrecht und Praxisführung.
Erlaubt? Vorher-Nachher-Bilder als Werbung für Hyaluroneffekte
Vor einigen Monaten entschied ein Gericht, dass nicht mit Vorher-Nachher-Bildern für die Effekte von Unterspritzung von Hyaluronsäure geworben werden darf. Wir haben den Fall in der Dezemberausgabe unseres Rechts-Newsletters vorgestellt. Nun hat der Bundesgerichtshof (BGH) das Urteil am 31.07.2025 (Az.: 1ZR 170/24) bestätigt:
Für eine Behandlung, bei der durch Unterspritzung mit Hyaluron oder Hyaluronidase Form oder Gestalt von Nase oder Kinn verändert werden, darf nicht mit Vorher-Nachher-Darstellungen geworben werden.
So kam es zur Entscheidung
Ein Arzt bietet in seiner Praxis ästhetische Behandlungen des Gesichts an und bewirbt diese sowohl auf seiner Webseite als auch auf der Social-Media-Plattform Instagram mit Beiträgen, die Patienten vor und nach der Behandlung zeigen sollen.
Ein Verbraucherschutzverein ist der Auffassung, die Bewerbung der von dem Arzt angebotenen Behandlungen mit Vorher-Nachher-Darstellungen verstoße gegen die verbraucherschützenden Vorschriften des Heilmittelwerbegesetzes (HWG). Er verklagt den Arzt daher auf Unterlassung sowie auf Erstattung von Abmahnkosten.
Das Oberlandesgericht hatte der Klage mit der Begründung stattgegeben, die Werbung der Beklagten mit Vorher-Nachher-Darstellungen verstoße außerhalb der Fachkreise gegen das Werbeverbot des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 HWG. Mit der vom Oberlandesgericht zugelassenen Revision beim BGH wollte der Arzt seinen Antrag auf Klageabweisung durchsetzen, scheiterte aber auch hier.
Das sagt das Gericht
Das Oberlandesgericht hat zu Recht angenommen, dass es sich bei der vom Arzt beworbenen Behandlung, bei der mittels eines Instruments in den menschlichen Körper eingegriffen und seine Form oder Gestalt verändert werden, um einen operativen plastisch-chirurgischen Eingriff im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c HWG handelt. Im vorliegenden Fall war das Instrument eine Kanüle, der operative plastisch-chirurgische Eingriff zur Veränderung von Form oder Gestalt des Körpers war das Einbringen einer Substanz (Hyaluron oder Hyaluronidase) zur Korrektur von Nase oder Kinn.
Für die Wirkung eines solchen Eingriffs darf nach § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 HWG nicht durch vergleichende Darstellung des Körperzustandes oder des Aussehens vor und nach dem Eingriff geworben werden. Dieses weite Begriffsverständnis des operativen plastisch-chirurgischen Eingriffs ist mit dem Wortlaut der Vorschrift vereinbar und entspricht sowohl dem Willen des Gesetzgebers als auch dem Schutzzweck dieser Vorschriften.
Schutzzweck dieser Vorschriften ist es, unsachliche Einflüsse durch potentiell suggestive und irreführende Werbung für medizinisch nicht notwendige Eingriffe zurückzudrängen, die Entscheidungsfreiheit betroffener Personen zu schützen und zu vermeiden, dass sich diese Personen unnötigen Risiken aussetzen, die ihre Gesundheit gefährden können.
Soweit der Arzt geltend macht, Risiken dieser Behandlung seien mit den Risiken von Ohrlochstechen, Piercen und Tätowieren vergleichbar, ist dies irrelevant. Denn diese Maßnahmen sind keine operativen plastisch-chirurgischen Eingriffe im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c HWG, sondern lediglich ästhetische Veränderungen der Hautoberfläche. Diese fallen nicht in den Anwendungsbereich des § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 HWG.
Haben Sie Fragen, welche Werbung für Sie als Arzt zulässig ist? Wenden Sie sich an unsere Rechtsberatung. Mehr zum Thema Werbung, Marketing und Selbstzahlerleistungen finden Sie hier:
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