So geht Arbeitszeiterfassung in der Arztpraxis

Seit 2022 gilt: Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind verpflichtet, die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeitenden zu erfassen. Das gilt auch für Arztpraxen und dort angestellte MFA und Ärzte. Darauf kommt es dabei an.

 

In vielen vor allem kleineren Betrieben wurde die Arbeitszeit bis 2022 nicht erfasst. Wie viel Ihre Angestellten wirklich arbeiten, da weichen Selbst- wie Fremdeinschätzungen mitunter erheblich von der Realität ab. Einige häufen unbemerkt unzählige Überstunden an, während andere womöglich unabsichtlich doch hin und wieder unter ihrer Sollarbeitszeit bleiben. 

Vor allem zum Schutz der Arbeitnehmenden wurde auf EU-Ebene vor einigen Jahren entschieden, dass die tatsächliche Arbeitszeit erfasst werden muss. Umsetzen muss dies der Arbeitgeber. 

Positive Effekte hat das „Stechuhr-Urteil“ aber für beide Seiten: Arbeitnehmende werden besser vor (Selbst-)Ausbeutung geschützt, während Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber besser vor Arbeitszeitbetrug bewahrt werden und einen klareren Überblick darüber haben, wie viel tatsächlich gearbeitet wird.

Für Sie als Praxisinhaber bedeutet das:

  • Sie müssen ein Zeiterfassungssystem einführen, das die geleisteten Arbeitsstunden Ihrer Mitarbeitenden lückenlos dokumentiert.
  • Sie müssen dafür sorgen, dass das System auch wirklich genutzt wird.
  • Wer die Zeiterfassung durchführt – Sie, die Angestellten, ein externer Dienstleister – können Sie selbst entscheiden. Sollte es in großen Praxen oder MVZ einen Betriebsrat geben, hat dieser hierbei ein Mitbestimmungsrecht.
Das muss bei der Arbeitszeiterfassung dokumentiert werden

Die Vorgaben sind klar. Festgehalten werden muss

  • wann Mitarbeitende anfangen zu arbeiten
  • wann sie Feierabend machen
  • wie lange sie insgesamt gearbeitet haben
  • Anfang und Ende von Pausen
  • ob Überstunden angefallen sind

Mit den richtigen Mitteln lässt sich der bürokratische Aufwand gut in den Praxisalltag integrieren.

 

Diese Möglichkeiten der Erfassung gibt es

Es gibt mittlerweile viele Wege, Arbeitszeiten zu erfassen, und dabei brauchen Sie nicht unbedingt eine Hightech-Lösung. 

Sie können auf ein manuelles System setzen, das heißt mit Stundenzetteln oder einfachen Excel-Tabellen arbeiten. Hierfür können Sie auch unsere Vorlage „Arbeitszeitdokumentation“ nutzen. 

Ebenfalls möglich ist eine passende Hardware, wie ein Zeiterfassungsterminal oder eine digitale Stechuhr an einem festen Ort. 

Drittens geht die Arbeitszeitferfassung auch online und mobil mit einer App oder einem webbasierten Werkzeug, das auch direkt am Praxis-PC nutzbar ist. Möglicherweise kann Ihnen Ihr Praxissoftware-Anbieter auch eine Möglichkeit anbieten.

Was am besten zu Ihnen passt, hängt von Ihrer Praxisgröße, Ihrer Technik vor Ort und natürlich auch vom Team ab. Eine allgemeingültige Empfehlung gibt es nicht – alle Systeme haben ihre Vor- und Nachteile. Am wichtigsten ist, dass die Lösung für Ihre Praxis funktioniert und Ihren Arbeitsalltag nicht belastet.

Was bringt die Zeiterfassung für Ihre Praxis?

Ein funktionierendes Zeiterfassungssystem schafft Struktur. Die Lohnbuchhaltung wird einfacher, weil Arbeitszeiten, Pausen und Überstunden klar dokumentiert sind. Auch die Einsatzplanung fällt leichter: Sie erkennen schnell, wo Engpässe entstehen oder wer regelmäßig überlastet ist.

Außerdem sorgt die Dokumentation für rechtliche Sicherheit. Denn indem Sie die Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes erfüllen, vermeiden Sie Bußgelder. Verstöße könnten zum Beispiel bei einer Prüfung der Arbeitsschutzbehörde, des Gewerbe- oder eines anderen Amtes auffallen.

Arbeitszeiten zu erfassen, hat auch Vorteile, weil Überstunden ein Kostenfaktor sind. Lesen Sie hier, wann Sie Überstunden in der Arztpraxis bezahlen müssen und wie Sie allgemein Kosten senken können.

Auch für Ihr Team kann Zeiterfassung Vorteile bringen. Arbeitszeiten werden fair und nachvollziehbar erfasst, niemand arbeitet „ins Blaue hinein“, und Überstunden bleiben nicht mehr unter dem Radar. Wenn MFA oder angestellte Ärztinnen und Ärzte wissen, wer aus dem Team wann und wie lange arbeitet, kann das gerade in wachsenden Teams Klarheit und Vertrauen schaffen.

 

Zeiterfassung bedeutet auch, dass die Arbeitszeit stärker in den Fokus rückt – und nicht unbedingt die Qualität oder das Ergebnis der Arbeit. Wer sich an die Zeiterfassung noch nicht gewöhnt hat, kann die Dokumentation als Einschränkung oder als Ausdruck von Misstrauen empfinden. Sie sollten in jedem Fall darauf hinweisen, dass Sie mit der Erfassung eine rechtliche Vorgabe erfüllen und dazu verpflichtet sind. 

Bedenken Sie bei Einführung oder Optimierung Ihres Systems auch den Datenschutz. Geklärt werden muss zum Beispiel, wo die Daten gespeichert werden und wer Zugriff darauf hat. Konsultieren Sie ggf. Ihren Datenschutzbeauftragten.

Andrea Schannath
Rechtsberatung

Arbeitszeiten, Überstunden und ihre Vergütung werden auch im Arbeitsvertrag geregelt. Mustervorlagen für rechtlich geprüfte Arbeitsverträge können Sie bei uns herunterladen. Wichtiges rund um das Arbeitsrecht erfahren Sie auf unserer Seite, bei unserer persönlichen Rechtsberatung sowie in unseren Webinaren. Auch unsere rechtlich geprüften Musterverträge stehen Ihnen als Mitglied zur Verfügung.

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