Papierlose Arztpraxis: So übertragen Sie Patientenakten in ein digitales Archiv

Patientenakten zu digitalisieren, kann sich für die Arztpraxis lohnen. Wer vorhat, Arztbriefe, Karteikarten und Co. einzuscannen, sollte die kritischen Punkte kennen und Stolpersteine vermeiden.

 

Seit Jahresbeginn haben gesetzlich versicherte Patienten in Deutschland einen Anspruch auf eine e-Akte. Die Techniker Krankenkasse bietet „TK Safe“ an, die AOK hat eine eigene Lösung und „Vivy“ wird von aktuell 21 gesetzlichen sowie 4 privaten Krankenkassen unterstützt. Vonseiten der Kassen und der Patienten steigt der Druck auf die niedergelassenen Ärzte, dort Inhalte einzuspeisen.

Für einige Ärzte mag das lästiger Aufwand sein, der noch dazu gering vergütet wird. Für andere ist es ein weiterer konsequenter Schritt hin zur digitalen Arztpraxis. Es lohnt sich jedenfalls, darüber nachzudenken, wie sich der Papierberg in der eigenen Praxis zukünftig digitalisieren und mit der Dokumentation in der Praxissoftware verknüpfen lässt.

 

Einfach scannen – oder?

Wenn Sie Dokumente digitalisieren wollen, brauchen Sie das richtige Gerät und die richtige Software. Ein Dokumentenscanner beschleunigt die Arbeit enorm. Er kann ganze Stapel automatisiert abarbeiten. Als All-in-One-Gerät ersetzt er gleichzeitig den Kopierer und den Drucker, manchmal sogar das (ohnehin als unsicher geltende) Fax.

Am Ende spuckt der Scanner meist ein PDF oder eine Bilddatei aus. Der Vorteil: Diese Dateiarten können mit praktisch jedem Anzeigegerät geöffnet werden. Der Nachteil: Sie können sie nicht gezielt durchsuchen.

Damit sind wir bei einer wichtigen Schwachstelle: Wie finden Sie Detailinformationen schnell und zuverlässig wieder? Angenommen, Sie suchen in der Krankengeschichte eines Patienten auf Hinweise, die ihnen bei einer aktuellen Diagnose helfen könnten. Dann wollen Sie nicht zwanzig oder mehr PDF- und JPG-Dateien manuell öffnen und lesen müssen, wie Ärzte in Österreich das tun müssen. Stattdessen wollen Sie lieber eine Suchfunktion nutzen können.

Damit das später möglich ist, müssen die Weichen beim Scannen gestellt werden. Der erste Schritt: Lassen Sie PDFs im PDF/A-Format erstellen. Denn dieses Format unterstützt Volltextsuche. Nicht jeder Scanner kann das bereits; testen Sie möglichst auch vorher das Ergebnis mit möglichst „typischen“ Dokumenten. Doch vor Handschriften kapitulieren sogar die besten Scanner. Wenn Sie wichtige handschriftliche Notizen auf den Dokumenten gemacht haben, hilft nur, diese händisch nachzutragen. Das erhöht zwar den Digitalisierungsaufwand, kann sich aber langfristig bezahlt machen. Gleichzeitig können die gescannten Dokumente noch verschlagwortet werden; auch das erleichtert später die Suche.

 

Speichern und schützen: revisionssicher

Jetzt sollten Sie die Dateien noch sinnvoll speichern und gemäß Aufbewahrungsfrist langfristig archivieren. Dafür gibt es eigene Archivierungsprogramme, die üblicherweise auch eine Schnittstelle zur Praxissoftware haben. Zu den bekanntesten Lösungen zählen das CGM Praxisarchiv, mediDOK, medical future, ArchiE, x.archilino und Quincy.

Revisionssicher ist das Zauberwort. Das bedeutet: Sie müssen sicherstellen, dass die Daten nicht nachträglich verändert oder gar gelöscht werden können. Alternativ müssen sie eindeutig nachvollziehen können, wer wann welche Daten verändert hat und müssen den vorherigen Stand der Daten wiederherstellen können.

Das funktioniert nur, wenn die Daten im Archivsystem versioniert abgelegt und auf optischen Speichermedien (z. B. einer DVD) gesichert werden. Und zwar nicht nur die gescannten Arztbriefe, MRT- und Röntgenbilder oder Sonoaufnahmen, sondern auch alle Einträge in die Patientenakte, die Sie selbst verfasst haben, wie Diagnosen, Befunde, Anamnesen und Leistungen. Dafür sollten täglich alle Änderungen der elektronischen Karteikarte in ein nicht veränderbares Format (z. B. PDF) überführt und regelmäßig als Dokument durch das Archivsystem auf einem optischen Medium gesichert werden.

Zusätzlich sollte das Archivsystem mit Zeitstempeln und einer digitalen Signatur arbeiten. Die digitale Signatur ist an den elektronischen Heilberufsausweis gekoppelt.

Neben diesen technischen Maßnahmen zur Revisionssicherheit müssen auch organisatorische Vorkehrungen getroffen werden. Ähnlich wie bei den papiernen Akten gilt es zu regeln: Wer hat Zugriff auf die Daten und wie lassen sich Angriffe von außen vermeiden?

Falls Ihre Dokumentation einmal vor Gericht geprüft wird, müssen Sie nachweisen können, dass sie nicht verändert wurde. Allein schon die Möglichkeit, dass jemand die Daten manipuliert hätte können, reicht aus um die Beweiskraft Ihrer Dokumentation zu untergraben.

 

Datenberg statt Papierberg?

Apropos Beweiskraft: Nicht jedes Papierdokument, das Sie gescannt haben, sollten Sie danach auch wegwerfen. Denn digitale Abbilder haben in manchen Fällen vor Gericht weniger hohe Beweiskraft. Eine Faustregel: Jedes Dokument, das eine (Patienten-)Unterschrift trägt, sollten Sie auch im Original aufbewahren.

Für viele andere Dokumente eignet sich trotzdem das sogenannte „ersetzende Scannen.“ Das Bundesamt für Sicherheit und Informationstechnik hat Regeln ausgearbeitet, was es dabei zu beachten gilt.

 

Pro und Contra

Im Idealfall hat ein digitales Archiv große Vorteile für Ärzte:
 

Zeitersparnis

  • die relevanten Informationen aus der Patientenakte sind immer griffbereit und sekundenschnell auf dem Bildschirm (auch unterwegs)
  • weniger Zusatzaufwand, wenn Patienten Daten in ihre elektronischen Akten überspielt haben wollen

 

Höhere Versorgungsqualität

  • automatisierte Auswertung
  • leichterer Austausch mit anderen Leistungserbringern

 

Geringere Kosten

  • weniger Papier und Büromaterial
  • sparsamere Lagerhaltung 
    Die gescannten Daten brauchen in den meisten Fällen nicht viel Speicherplatz. Richtgrößen sind rund 50 KB für einen Arztbrief, 500 KB für ein Ultraschallbild. CT, MRT und Videos schlucken natürlich deutlich mehr Speicherplatz.
     

Auch Papierakten müssen gepflegt, gesichert und gelagert werden. Bei ihnen besteht zudem die Gefahr, dass Dokumente aus dem jeweiligen Ordner herausrutschen und später nicht mehr zugeordnet werden können. Dokumente können unleserlich werden, weil Sonografieaufnahmen und Druckertinte verblassen. Und unterschiedliche Größen der Dokumente vom kleinen Post-it bis zum unhandlichen Röntgenbild erschweren das Handling der Akte.

Dem gegenüber steht der Aufwand, die gesamte Dokumentation zu digitalisieren und revisionssicher zu machen.

 

Haben wir ein wichtiges Archivsystem vergessen? Haben Sie noch andere Argumente für oder gegen digitale Archive in der Arztpraxis? Dann hinterlassen Sie uns bitte einen Kommentar.

 

Für (fast) alle Fragen rund um das Praxismanagement, die Praxisgründung und die Praxisabgabe finden Sie die passende Antwort beim Virchowbund. Persönliche Rechtsberatung ist in Ihrem Mitgliedsbeitrag inbegriffen – genauso wie viele weitere Vorteile für Sie und Ihr Team!

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Kommentare

Guten Tag Herr Seitner,

als Mitglied bei uns können Sie sich gerne direkt an unsere persönliche Rechtsberatung wenden:

https://www.virchowbund.de/beratung/rechtsberatung

Ihr Virchowbund

Ich benötige eine Liste/ Information welche digitale Unterschrift /Signatur für folgende Dokumente rechtsgültig ist:

Arbeitsvertrag

Arbeitszeiterfassung vom MA akzeptiert

Mitarbeiter Vereinbarung

Dental Labor Auftrag

GOZ Kostenvoranschlag

Mehrkostenvereinbarung Füllungen/ Wurzelbehandlung etc.

GKV HKPs Pa Ze etc.

Patienten Mehrkosten Vereinbarung ZE

Anamnesebogen

Vereinbarung Abrechnung über externe Abrechnung

Vereinbarung Abrechnung über Factoring Gesellschaft (PVS, Health ZA etc...)

also so ungefähr alles was man in der Praxis auf Papier bis dato unterschrieben hat

...und dann noch: wer muss die Revisionssicherheit der Speichersoftware bescheinigen?

Muss nachsigniert werden?

Kann das durch technische Massnahmen (Schreibgeschützte Datenspeicher Snapshots gemacht werden?)

Danke

Thomas Seitner, 78224 Singen Tel: 0151 165 98 377

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