GOÄ: Richtig steigern – so geht's

Wer bei der Gebührenordnung für Ärzte immer alles zum Schwellenwert abrechnet, verschenkt Geld! Besonders, wenn es eine gute Begründung für höhere Steigerungsfaktoren gibt.

 

Die meisten niedergelassenen Ärzte sind bei der Abrechnung im Umgang mit Faktorerhöhungen zurückhaltend, weil sie Rückfragen von Patienten oder Kostenträgern scheuen. Dabei ist die variable Abrechnung in der Gebührenabrechnung ausdrücklich vorgesehen.

 

Was ist der Schwellenwert?

Der Schwellenwert ist der Wert, der den Durchschnitt einer Leistung abbildet – also quasi ein Mittelwert. Überdurchschnittlich schwierige Leistungen sind über dem Schwellenwert und unterdurchschnittlich aufwändige Leistungen unter dem Schwellenwert abzurechnen.

Die Gebührenordnung sieht drei verschieden Gebührenrahmen mit jeweils unterschiedlichen Schwellenwerten vor:

 

Abschnitt M – Labor

Gebührenrahmen 1,0 – 1,3

Schwellenwert 1,15

 

Abschnitte A, E und O

Gebührenrahmen 1,0 – 2,5

Schwellenwert 1,8

 

Alle anderen Abschnitte – ärztliche Leistungen

Gebührenrahmen 1,0 – 3,5

Schwellenwert 2,3


Über den Steigerungsfaktor darf der Arzt selbst „nach billigem Ermessen“ bestimmen. Der Patient oder die Versicherung haben keine Entscheidungsgewalt.

Höher steigern: Empfehlung der Bundesärztekammer 2023

Nachdem Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach eine GOÄ-Reform weiter verweigert, hat die Bundesärztekammer (BÄK) am 30.03.2023 Empfehlungen für die Anwendung erhöhter Steigerungsfaktoren herausgegeben:

 

Merkblatt für Ärztinnen und Ärzte zu abweichenden Honorarvereinbarungen sowie zur Anwendung höherer Steigerungsfaktoren

Hinweise der Bundesärztekammer zu abweichenden Honorarvereinbarungen sowie zur Anwendung höherer Steigerungsfaktoren

Anschreiben an Patientinnen und Patienten

Faltblatt für Patientinnen und Patienten

Steigerungen begründen

Eine Berechnung über dem Schwellenwert erfordert eine Begründung. Diese muss sich auf

  • die Schwierigkeit
  • den Zeitaufwand oder
  • die Umstände bei der Ausführung der einzelnen Leistung

beziehen.

 

Die Begründung muss verständlich und nachvollziehbar sein. Allgemeine „Floskeln“ wie „erhöhter Zeitaufwand“ oder „technisch schwierig“ sollten Sie besser vermeiden. Schon allein dadurch lassen sich die meisten Rückfragen verhindern.

Auf Verlangen müssen Sie die Begründung näher erläutern. Dafür ist eine gute und vollständige Leistungsdokumentation unerlässlich, denn die Begründung muss sich dort wiederfinden.

Wird z. B. eine Sonographie mit der Begründung „erhöhter Aufwand“ abgerechnet, der Befund jedoch nur mit „Oberbauchsono o. B.“ beschrieben, ist die Abrechnung nicht haltbar, auch wenn tatsächlich eine erschwerte Darstellung und Beurteilung aufgrund von Luftüberlagerung vorlag.

 

Beispiele für Begründungen der GOÄ-Steigerung

 

BegründungAnmerkung
Schwierige Differenzialdiagnostik bei unklaren Schmerzzuständenvor allem bei Anamneseerhebung und / oder Untersuchung
Schwere der Grunderkrankungvor allem bei Beratungen
Aufwändige Beratungen zu Therapieoptionenvor allem bei Beratungen, falls nicht Nr. 34 zutrifft
Wechselwirkungsproblematik bei Mehrfachmedikationbei Beratungen
Schwierige medikamentöse Einstellungz. B. bei Diabetes
Häufig wechselndes Beschwerdebildvor allem bei Anamneseerhebung und / oder Untersuchung
Komplexes Krankheitsbild / Erschwernis bei Begleiterkrankungvor allem bei Anamneseerhebung und / oder Untersuchung
Berücksichtigung umfangreicher Fremdbefundebesonders Erstanamnesen
Überdurchschnittlicher Zeitaufwandbei Mindestzeiten in der Leistungslegende erst ab ca. 50 % Überschreitung angemessen
Erschwerte Verständigungz. B. bei Fremdsprache oder bei Aphasie
schwierige Lagerungz. B. bei Verletzungen oder nach Schlaganfall
Erschwerte Leistungserbringung beim Säugling oder Kleinkindwenn Leistung nicht „kinderspezifisch“ ist oder kein Zuschlag K1/K2 berechnet werden kann
Untersuchung mehrerer Lokalisationenbesonders bei Nr. 5 GOÄ
Zeitaufwändige Untersuchung von mehr als 4 Organenbei Ultraschalluntersuchungen
Erschwerte Darstellung und Beurteilung bei Luftüberlagerungbei Ultraschalluntersuchungen
schlechte Venenverhältnissebei Blutentnahme oder Infusionen

 

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