Fachkräftemangel? So halten Sie auch ältere Mitarbeitende in Ihrer Arztpraxis

Sich dem demografischen Wandel anzupassen, ist auch für Arztpraxen Pflicht und Herausforderung. Eine Strategie: Altersteilzeit und Zeitkonten für Ihr Praxispersonal einzuführen. Wie es funktioniert und was Sie als Praxischefin oder -chef davon haben.

 

Dass die Bevölkerung altert, erleben Sie vermutlich schon länger an Ihren Patienten – aber auch an Ihrem Praxispersonal wird der demografische Wandel nicht vorüberziehen. Darum sollten Sie sich gutes Personal sichern und vor allem halten. Dafür können Sie an verschiedenen Schrauben drehen. Eine bewährte Strategie, von der vor allem ältere und langjährige Mitarbeitende profitieren, die aber auch jüngeren Teammitgliedern zugutekommt, ist die Altersteilzeit. 

Mit ihr können Sie den Eintritt in den Ruhestand für Schlüsselpersonal planbar und motivierend gestalten und neue Mitarbeitende erfolgreich in Ihr Praxisteam integrieren. Zugleich können Sie als Arbeitgeberin oder Arbeitgeber mit dem Angebot der Altersteilzeit (ATZ) auf die individuellen beruflichen und privaten Bedürfnisse der Mitarbeitenden aller Altersgruppen eingehen.

Manche Strategien brauchen viel Geld oder Vorlauf; Zeitwertkonten dagegen sind sofort einsetzbar, wirken langfristig und sind kostengünstig. 

 

Vorruhestand mit Altersteilzeit: So funktioniert es

In der Personalpolitik ist die Altersteilzeit ein bewährtes Instrument. Es funktioniert folgendermaßen: Im Blockmodell arbeiten Mitarbeitende vor dem Ruhestand Vollzeit, erhalten dabei jedoch nur die Hälfte ihres Gehalts. Anschließend werden sie freigestellt. In dieser Phase erhalten sie die zweite Hälfte des Gehalts. 

So können eine Menge Steuern gespart werden. Außerdem werden Nettogehalt und Rentenversicherungsbeiträge vom Arbeitgeber aufgestockt, beispielsweise um 20 Prozent des Vollzeitentgelts. Zum anderen zahlen Sie als Arbeitgeber oder -geberin einen zusätzlichen Betrag zur gesetzlichen Rentenversicherung. Mitarbeitende erhalten in diesem Beispiel für den Zeitraum der Altersteilzeit 90 Prozent der Entgeltpunkte, die sie bei Vollzeitbeschäftigung bekommen hätten – obwohl sie nur 50 Prozent der Arbeitszeit erbracht haben. 

Somit können Ihre Mitarbeitenden mit 65 Jahren in den Ruhestand gehen, ohne nennenswerte Einbußen im Vergleich zu einer Beschäftigung bis 67 Jahre zu haben. 

Auch für Sie als Arbeitgeberin oder Arbeitgeber hat die ATZ ein ganze Reihe Vorteile.

 

Die Vorteile für Sie als Arbeitgeber

Bieten Sie als Arbeitgeber Ihren Mitarbeitenden Altersteilzeit an, ist das ein Zeichen der Anerkennung für deren Lebensleistung, das nach außen sichtbar ist und positiv auf Sie zurückfällt. Diese Wertschätzung kann die Mitarbeitermotivation erhöhen, was zu höherer Arbeitszufriedenheit führt und die langfristige Bindung an Ihr Unternehmen stärkt. 

Die ATZ bietet auch darüber hinaus einen deutlich höheren Wert als viele andere Begünstigungen, die Sie Ihren langjährigen Mitarbeitenden bieten können. Alle Vorteile auf einen Blick:
 

Übergänge besser planbar 

Die Altersteilzeit ermöglicht eine frühzeitige und planbare Gestaltung des Übergangs einer Mitarbeitenden in den Ruhestand. Ihnen gibt dies die Möglichkeit, den Zeitpunkt des Ausscheidens und die Einarbeitung neuer Mitarbeitender früh zu organisieren. So können Sie in der Praxis für den Übergang sorgen und gleichzeitig die Kontinuität im Team wahren. Auch der Vorruhestand wird besser planbar. Sie können den ATZ-Vertrag beispielsweise ein Jahr vor Beginn der Arbeitsphase abschließen, sodass der tatsächliche Ruhestandstag bereits 3 Jahre im Voraus festgelegt und entsprechend geplant werden kann. 
 

Fachkräftemangel abmildern 

Durch die Altersteilzeit können die erfahrenen Mitarbeitenden Wissen und Expertise an jüngere Kolleginnen und Kollegen weitergeben, bevor sie vollständig in den Ruhestand gehen. Tipps dazu, wie Sie leichter MFA für Ihre Arztpraxis finden, können Sie zum Beispiel in unseren Beiträgen zum Finden von Quereinsteigern oder zur attraktiven Stellenanzeige lesen. 
 

Risiko der Frührente verringern

Wenn Mitarbeitende freiwillig in Altersteilzeit gehen können, ohne finanzielle Einbußen zu erleiden, senkt dies die Wahrscheinlichkeit, dass sie wegen gesundheitlichen Problemen oder Unzufriedenheit vorzeitig aus dem Arbeitsleben ausscheiden müssen. So können Sie den Praxisbetrieb stabil halten und das Fachwissens in der Praxis erhalten. Verlässt eine MFA dann doch die Praxis, finden Sie hier unsere Tipps dazu, wie das Ausscheiden einer MFA für alle Seiten gut gelingt.
 

Flexibilität bei der Personalplanung

Durch die flexiblen Modelle der Altersteilzeit können Arbeitgeberinnen und -geber ihre Personalressourcen besser planen und an den tatsächlichen Bedarf anpassen. In der Praxis kann dies von Vorteil sein, um Arbeitsbelastungen gleichmäßig zu verteilen und einen stabilen Betrieb auch in Übergangsphasen zu sichern.
 

Leichte Umsetzbarkeit 

Als bewährtes Instrument in der Personalpolitik hat jedes Lohnbüro bereits ATZ-Verträge abgerechnet, es gibt Standardvorlagen für Altersteilzeitverträge, und die gesetzlich geforderte Absicherung der beim Arbeitgeber angesparten Hälfte des Gehalts ist mit einfachen und transparenten Lösungen möglich.
 

Rechtliche Sicherheit 

Altersteilzeitverträge sind klar geregelt, und viele der damit verbundenen rechtlichen und administrativen Prozesse sind standardisiert. Dies gibt Ihnen als Arbeitgeberin oder Arbeitgeber rechtliche Sicherheit und Klarheit über die zu treffenden Vereinbarungen.

Wichtige Informationen und Vorlagen rund um Arbeitsverträge und Änderungsverträge finden Sie auf unseren Seiten sowie unter unseren Musterverträge und Vorlagen. Bei konkreten Fragen kann Ihnen als Mitglied im Virchowbund unsere Rechtsberatung weiterhelfen.
 

Steuervorteile 

Die Altersteilzeit im Blockmodell führt zu einer Steuerersparnis für beide Seiten. Besonders die Aufstockung der Rentenversicherung und des Nettogehalts kann steuerlich für den oder die Mitarbeitende vorteilhaft sein, was auch Sie als Arbeitgeber finanziell entlastet. 

Für andere Möglichkeiten Steuern zu sparen, lesen Sie zum Beispiel unsere 5 Tipps für Praxisinhaberinnen und -inhaber, Steuervorteile mit Kindern oder auch Steuervorteile durch betriebliche E-Bikes

Grundlegende Information zur Steuererklärung finden Sie auf unserer Seite zum Thema.
 

Wettbewerbsvorteil 

Wenn die Praxis eine familienfreundliche und altersgerechte Arbeitszeitgestaltung wie die Altersteilzeit anbietet, kann dies Ihre Attraktivität als Arbeitgeber erhöhen. Dies ist wichtig, um qualifizierte Fachkräfte anzuziehen und im Wettbewerb mit anderen Praxen und Kliniken zu bestehen, ebenso wie das Bemühen eine gute Work-Life-Balance zu schaffen. Angebote wie Zeitwertkonten können sich positiv darauf auswirken, wie Ihre Teamführung wahrgenommen wird und kann zu mehr Zufriedenheit im Team führen.

Mehr zum Thema Familienfreundlichkeit finden Sie auch zum Beispiel in unseren Praxisinfos „Mutterschutz und Elternzeit“, „Wiedereinstieg nach der Elternzeit“ und weiteren.

Lesen Sie auch unseren Beitrag dazu, wie Sie Ihren Mitarbeitenden eine betriebliche Altersvorsorge bieten können.
 

Flexibel durch Flexi-Konten

Falls der Bedarf Ihrer Mitarbeitenden nicht beim Vorruhestand liegt, sondern der Wunsch nach einem „Sabbatjahr“ oder einer Auszeit (z. B. für eine Weiterbildung) besteht, gibt es auch dafür einfache und praktische Lösungen. Im Rahmen einer Vereinbarung zur flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder dem Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszeitzyklen (SGB IV § 7 Abs. 1a) können Sie mit Ihren Mitarbeitenden eine Freistellung von bis zu 3 Monaten unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts vereinbaren. 

Das bedeutet beispielsweise, dass Mitarbeitende mit einer 75-Prozent-Stelle, die 9 Monate lang Vollzeit arbeiten, anschließend eine dreimonatige Auszeit nehmen können – bei gleichbleibendem 75-prozentigen Gehalt. Die Umsetzung ist hier noch einfacher als bei der ATZ, da keine Absicherung des Wertguthabens (hier: der aufgelaufenen Mehrarbeit) erforderlich ist – eine solche Vereinbarung kann problemlos mit dem Überstundenkonto der Mitarbeitenden durchgeführt werden. 

Wichtig ist nur, dass die Obergrenze für die Freistellungen strikt bei 3 Monaten liegt und Ansparung und Freistellung idealerweise innerhalb von 12 Monaten abgeschlossen sein sollten. Sonst gelten strengere gesetzliche Bestimmungen.


Zeitwertkonten werden immer beliebter, besonders in mittelständischen und größeren Unternehmen. Hier können Mitarbeitende Gehaltsbestandteile über Jahre ansparen und damit Freistellungsphasen für Vorruhestand, Sabbatphasen, Weiterbildung oder Pflegezeit finanzieren. Für diese Flexibilität ist ein individuelles Regelwerk notwendig, das Mehrkosten für Sie als Arbeitgeberin oder Arbeitgeber vermeiden soll. 

Tipp

Eine umfassende Beratung und Absicherung des Wertguthabens sind notwendig. Am besten suchen Sie sich einen Dienstleistungspartner, der alle benötigten Dienstleistungen aus einer Hand anbieten kann: Gestaltung des arbeitsrechtlichen Rahmens, Einrichtung einer Rückdeckungs- und Verwaltungslösung sowie die Beratung Ihrer Mitarbeitenden. 

Für Mitglieder des Virchowbundes hat die Ecclesia Gruppe speziell zugeschnittene Lösungen entwickelt. Für Beratung und individuelle Absicherungsvorschläge stehen Ihnen die Expertinnen und Experten des Maklers exklusiv zur Verfügung.

Schon heute können Sie als Arztpraxis viel für die flexible Gestaltung der Lebensarbeitszeit Ihrer Mitarbeitenden tun. Im Vordergrund sollte dabei stets die Wertschätzung für die Lebensleistung Ihrer Mitarbeitenden stehen. Instrumente wie Altersteilzeit und Flexi-Konten bieten bereits viele Möglichkeiten und lassen sich mit geringem Verwaltungsaufwand umsetzen. 

 

Dieser Beitrag ist in Zusammenarbeit mit unserem Partner Ecclesia Med entstanden. Mitglieder im Virchowbund erhalten hier günstige Prämien für Versicherungen sowieFachberatung. Rechtliche Beratung und Praxisberatung erhalten Sie als Mitglied direkt im Virchowbund. Mehr zu unseren Partnerangeboten.

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