Arbeitszeugnis: 4 Urteile aus dem Arbeitsrecht

Wie ein Arbeitszeugnis ausgestellt werden muss, beschäftigt immer wieder die Arbeitsgerichte. Unsere Rechtsexpertin, die Justitiarin Andrea Schannath, präsentiert eine Auswahl an Urteilen rund um das Arbeitszeugnis aus den letzten Jahren.

 

„Wir bedauern die Kündigung“

Kann eine ehemalige Mitarbeiterin fordern, dass im Arbeitszeugnis Bedauern über ihre Kündigung ausgedrückt wird?

Das Landesarbeitsgericht München urteilte dazu am 15.07.2021 (Az.: 3 Sa 188/21): Arbeitnehmer haben keinen Anspruch auf eine persönliche Schlussformel in einem Arbeitszeugnis. Besonders dann nicht, wenn das Zeugnis nur „gut“ und nicht „sehr gut“ ausfällt.

Die Mindestbestandteile eines Zeugnisses sind

  • Persönlichen Angaben: Name, Vorname, Geburtsdatum, Familienstand und Wohnort des Arbeitnehmers
  • Tätigkeit: Aufgaben, die der Arbeitnehmer ausgeübt hat
  • Anfang- und Enddatum des Arbeitsverhältnisses
  • Grund der Entlassung (sofern vom Arbeitnehmer verlangt)

Eine Formulierung wie „Frau X verlässt unsere Praxis zum 31.12.2022 auf eigenen Wunsch“ können Arbeitnehmer einfordern. Allerdings keine Zusätze wie „Wir bedauern ihre Kündigung und wünschen ihr beruflich und privat alles Gute.“

Mehr über die Bestandteile eines Zeugnisses und die Unterscheidung zwischen einfachem und qualifiziertem Zeugnis erklären wir unter Arbeitszeugnis.

 

Keine Unterschrift des Chefs nötig

Ist ein Zeugnis nur gültig, wenn es vom Praxisinhaber unterschrieben wird?

Nein, was in Großunternehmen gilt, ist auch in Kleinbetrieben erlaubt. Damit muss nicht der Arbeitgeber persönlich das Zeugnis unterschreiben. Auch ein „Personalleiter“ oder eine Person mit ähnlicher Befugnis kann das übernehmen.

Die Richter sehen keine Nachteile für Arbeitnehmer, wenn das Zeugnis eine andere Unterschrift trägt. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein verhandelte am 23.06.2016 (Az.: 1 Ta 68/16) über einen solchen Fall.

 

Arbeitszeugnis mit Knick

Ein Arbeitszeugnis mit Faltspuren und Heftklammer geht gar nicht – oder doch?

Das Arbeitszeugnis darf für einen normalen Geschäfts-Briefumschlag gefaltet werden. Mehrere Seiten dürfen auch zusammengetackert sein. Wichtig ist nur, dass das Zeugnis „kopierfähig“ ist und sich die Knicke auf der Kopie nicht abzeichnen.

Ein Knick im Zeugnis ist also kein unerlaubtes Geheimzeichen. Mit solchen Geheimzeichen versuchen manche Arbeitgeber subtil zu vermitteln, dass der Inhalt des Zeugnisses nicht der Wahrheit entspricht. Solche Geheimzeichen sind allerdings verboten.

Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat deshalb am 09.11.2017 (Az.: 5 Sa 314/17) für Faltung und Klammer entschieden.

 

Zeugnis muss abgeholt werden

Einen Monat nach Ende des Arbeitsverhältnisses liegt immer noch kein Brief mit dem Zeugnis im Briefkasten. Kann man als Betroffener dagegen klagen?

Arbeitnehmer haben ein Recht auf ein Arbeitszeugnis, wenn das Arbeitsverhältnis endet. Der Zeugnisanspruch ist aber eine Holschuld. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber das Zeugnis schreiben und im Betrieb zur Abholung bereitlegen muss. Der Arbeitnehmer wiederum muss es sich abholen.

Auch wenn es üblich ist, das Arbeitszeugnis per Post zu schicken: Arbeitgeber sind dazu rechtlich nicht verpflichtet.

Urteile zur Zustellung des Zeugnisses gab es in der Vergangenheit mehrfach, beispielsweise durch das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am 6. Februar 2013 entschieden (Az.: 10 Ta 31/13).

 

Wahr und wohlwollend

Für jedes Arbeitszeugnis gelten zwei Bedingungen: es muss positiv formuliert sein und darf nichts Unrichtiges enthalten. So fordert es das Gesetz (§ 630 BGB). Denn ein Zeugnis darf den weiteren Lebensweg und die Karriere des ehemaligen Arbeitnehmers nicht behindern.

Die Gratwanderung zwischen Wohlwollen und Wahrheitspflicht hat dazu geführt, dass im Arbeitszeugnis ver­klausulierte Formulierungen, sogenannte Geheimcodes, verwendet werden. Diese Codes sind für Arbeitgeber wichtig, wenn sie einen Arbeitnehmer neu einstellen. Denn wer solche „Umschreibungen“ kennt, kann sich vor bösen Überraschungen schützen.

Beispielsweise suggeriert die Reihenfolge der Aufzählung in dem Satz „Frau X war bei Kollegen, Patienten und Vorgesetzten beliebt“, dass das Verhältnis zu mit den Vorgesetzten etwas problematisch war. Welche Formulierungen für ein gutes bzw. ein schlechtes Zeugnis stehen, erfahren Sie unter Arbeitszeugnis.

Ein juristisch bedenkliches Geheimzeichen ist z. B. eine unterstrichene Telefonnummer. Sie weist darauf hin, dass ein Arbeitgeber bereit ist, am Telefon vom Zeugnis abweichende Auskünfte zu erteilen. Ein Arbeitnehmer, der gegen ein solches Zeugnis klagt, dürfte vor Gericht gute Chancen haben.

Zeugnis-Vorlage herunterladen

Wie ein korrektes Zeugnis aussieht, lesen Sie auf unserer Themenseite zum Arbeitszeugnis. In unserer gleichnamigen Praxisinfo finden Sie außerdem Text-Bausteine je nachdem, ob das Zeugnis „Sehr gut“, „gut“ oder schlechter ausfällt.

Kennen Sie auch schon unsere Vorlage für das Weiterbildungszeugnis?

Hier finden Sie alle Praxisinfos und Vorlagen zum Download.

Sie haben noch Fragen? Schreiben Sie uns einen Kommentar oder wenden Sie sich an unsere Rechtsberatung für Ärzte.

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