Hygienebeauftragte in der Arztpraxis: wann und wozu?

Brauchen Sie in Ihrer Arztpraxis eine Beauftragte für Hygiene? Was sind die Aufgaben eines Hygienebeauftragten? Und wie finden Sie die geeignete Person für diese Position? Die Antworten finden Sie hier.

 

Gutes Hygienemanagement ist in Arztpraxen essentiell – aber müssen Sie dafür jemanden extra als Hygienebeauftragten ernennen? Viele Arztpraxen müssen dies nicht unbedingt. Dazu verpflichtet sind Sie jedoch, sobald Sie in Ihrer Praxis ambulante Operationen durchführen. Das schreibt §23 Infektionsschutzgesetz vor.

Die genaue Definition bzw. Benennung der Einrichtungen, die Hygienebeauftragte benötigen, ist ebenfalls gemäß §23 IfSG Ländersache – und damit in der Hygieneverordnung Ihres jeweiligen Bundeslandes festgelegt. Denn nach einer Reform des IfSG im Jahr 2011 wurden die Länder verpflichtet, eigene Hygieneverordnungen zu erlassen. Ziel war und ist es, nosokomiale Infektionen zu reduzieren.

Eine Arztpraxis, die sich der Thematik um Hygiene und Infektionsschutz stellen muss, muss sich also durch das Dickicht von Gesetzen, Verordnungen und Empfehlungen arbeiten und Maßnahmen ergreifen, die sich entlang der Landesgrenzen unterscheiden. Anscheinend macht es für den nosokomialen Keim und seine Gefährlichkeit einen Unterschied, in welchem Bundesland er sein Unwesen treibt.

Brauchen Sie nun einen Hygienebeauftragten oder nicht? Um das herauszufinden, müssen Sie also das Infektionsschutzgesetz kennen und die Verordnung zur Hygiene Ihres Bundeslandes konsultieren. Links dazu finden Sie beim Kompetenzzentrum Hygiene und Medizinprodukte der KBV.

Welche weiteren Verordnungen und Vorgaben in Bezug auf Hygiene gelten, lesen Sie unter Anforderungen an Ihre Praxisräume.

Hygienebeauftragte: Aufgaben

Der oder die Hygienebeauftragte sorgt dafür, dass die Hygienestandards in der Praxis eingehalten werden. Dabei geht es hauptsächlich darum, Infektionen zu vermeiden.

Ihre Aufgaben sind allgemein, relevante Dokumente zu erstellen, Inhalte an das Praxisteam weiterzugeben und die Einhaltung von Vorschriften zu überwachen. Konkret gehört dazu:

  • ein Hygienekonzept mit individuellen Hygieneplänen für die Praxis zu entwickeln
  • gemeinsam mit Praxisleitung und Team Hygienemaßnahmen daraus abzuleiten
  • Zusammenarbeit mit dem oder der QM-Beauftragten
  • Konzept, Pläne und Maßnahmen zur Wirkungskontrolle und rechtlicher Absicherung zu dokumentieren
  • zu überwachen, dass alle Hygienemaßnahmen eingehalten werden
  • Praxisabläufe im Hinblick auf die Hygiene zu optimieren
  • Fragen zur Hygiene zu beantworten
  • im Auftrag der Praxisleitung mit Gesundheitsbehörden zu kommunizieren
  • Praxisbegehungen vor- und nachzubereiten und durchzuführen
  • Verdachtsfälle und nosokomiale Infektionen an die Praxisleitung zu melden

Darüber hinaus sollte der oder die Hygienebeauftragte motiviert und interessiert am Thema sein, aufmerksam und gewissenhaft sowie willens und fähig, Wissen weiterzugeben und alle Mitglieder konstruktiv auf eventuelle Missstände hinzuweisen.

Hygienemanagement ist auch Teil von Qualitätsmanagement.

 

So finden Sie eine/n Hygienebeauftragte/n

Es gibt mehrere Wege, eine Hygienebeauftragte oder einen Hygienebeauftragten einzusetzen. Je nachdem, wer die Position übernimmt, unterscheiden sich die Voraussetzungen für die jeweiligen Personengruppen zwischen den Bundesländern. Hier finden Sie eine Übersicht der Voraussetzungen nach Bundesland.

Wichtig: In jedem Fall sind letztlich Sie als Praxisinhaber und Chef verantwortlich dafür, dass alle Hygieneaufgaben angemessen erfüllt werden.

Sie können eine Ihrer vorhandenen Mitarbeitenden mit der Position betrauen. Welche formalen Qualifikationsvoraussetzungen sie erfüllen müssen, ist Ländersache. Wählen Sie eine Ihrer Angestellten aus, muss diese natürlich in angemessenem Rahmen für die Zeit freigestellt werden, die sie für die Fortbildung benötigt.

Zu beachten:

  • Sie können selbst bestimmen bzw. intern regeln, wer die Position übernimmt
  • Evtl. kann es nötig sein, die Aufgaben im Team umzuverteilen, sodass die Hygienebeauftragte zum einen ihre Fortbildung absolvieren, zum anderen danach in vollem Umfang ihren neuen Aufgaben nachkommen kann
  • Die oder neue Beauftragte muss regelmäßig Zeit bekommen, ihre Kenntnisse aufzufrischen
  • Mit der neuen Qualifikation könnte die MFA eine Gehaltserhöhung erwarten
  • Nutzen Sie unsere Vorlage für die Fort- und Weiterbildungsvereinbarung, um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein, und kontaktieren Sie unsere Rechtsberatung

Falls Sie ohnehin eine MFA-Stelle in Ihrer Praxis zu besetzen haben, kann es sich lohnen, bei der Einstellung darauf zu achten, ob der oder die potentielle Mitarbeitende bereits eine abgeschlossene Fortbildung zum/zur Hygienebeauftragten hat.

Zu beachten:

  • Sie sparen die Fortbildungskosten und evtl. Organisationsaufwand
  • Angesichts des Fachkräftemangels könnte es schwierig sein, MFA mit schon vorhandener Zusatzqualifikation zu finden – nutzen Sie deshalb unsere spezialisierte Stellenbörse für MFA
  • MFA mit der Zusatzqualifikation können ein höheres Einstiegsgehalt verlangen
  • Andererseits könnten Sie Bewerbern die Möglichkeit zur beruflichen Weiterentwicklung und die adäquate Gehaltserhöhung in Aussicht stellen und so für sich als Arbeitgeber werben

Lesen Sie hier mehr Tipps zum Thema Stellenanzeige und Bewerbungsgespräch.

Als Praxisinhaber können Sie sich auch selbst zum Hygienebeauftragten qualifizieren. Voraussetzung ist, dass Sie eine abgeschlossene Facharztausbildung haben und eine 40-stündige Pflichtfortbildung absolvieren.

Darüber hinaus variieren die Vorgaben für Inhaber und angestellte Ärzte in Arzt- und Zahnarztpraxen, ambulanten OP-Zentren und Tageskliniken je nach Hygieneverordnung des jeweiligen Bundeslandes.

Zu beachten:

  • Volle Kontrolle: Da Sie als Praxisinhaber ohnehin die Verantwortung tragen, kann es von Vorteil sein, jederzeit Kontrolle und Wissen darüber zu haben, welche Aufgabe wann und wie erledigt wurde
  • Geld sparen: Neben den überschaubaren Fortbildungskosten für sich selbst müssen Sie keine höheren Gehälter an entsprechend qualifizierte Angestellte zahlen
  • Mögliche CME-Punkte: Teilweise können Sie für diese Fortbildung CME-Punkte erhalten. Ob dies möglich ist, entscheidet Ihre zuständige Ärztekammer – fragen Sie also am besten vorab dort nach
  • Mehr Arbeit: Neben Ihren zahlreichen Pflichten als Arzt kommt ein weiteres Tätigkeitsfeld hinzu bzw. die Aufgabe, im Arbeitsalltag immer wieder die Perspektive des Hygienebeauftragten einzunehmen
  • Sie müssen sich regelmäßig Zeit nehmen, Ihre Kenntnisse aufzufrischen
Tipp

Einen Hygieneplan braucht jede Praxis. Diesen können Sie häufig kostenlos von der Firma erhalten, von der Sie Ihre Hygieneprodukte beziehen. Diese Pläne haben den Vorteil, dass sie auf dem neusten Stand sind.

Auch die Dokumentation der Hygienemaßnahmen ist eine wichtige Aufgabe. Einige Vorlagen zur Dokumentation finden Sie im Virchowbund, zum Beispiel die Vorlage „Reinigungsplan“ oder Checkliste „Sterilisation“.

Dauer, Umfang und Kosten der Fortbildung

Die Fortbildung zum/zur Hygienebeauftragten in Arztpraxen gibt es bei verschiedenen Anbietern, z. B. Akademien diverser Prüfgesellschaften, Institute im Gesundheitssektor oder auch Firmen, die auf Hygienemanagement spezialisiert sind. Der Umfang der Fortbildung kann variieren, doch in der Regel ist die Fortbildung in 40 Stunden abgeschlossen. Sie ist als Präsenzkurs sowie als (Teil-)Online-Kurs verfügbar, als Kompaktseminare oder über mehrere Wochen.

Inhalte sind:

  • Rechtliche Grundlagen des Hygienemanagements
  • Mikrobiologische Grundlagen
  • Standardmaßnahmen der Praxishygiene
  • Desinfektionsmaßnahmen in der Arztpraxis
  • Multiresistente Krankheitserreger
  • Aufbereitung von Medizinprodukten
  • Gefährdungsbeurteilung
  • Arbeitsschutz
  • Abfallentsorgung
  • Erstellung und Pflege von Hygieneplänen
  • Qualitätsmanagement und Hygiene

Am Ende der Fortbildung wird eine Prüfung abgelegt. Zusätzlich ist es danach möglich, sich z. B. von der IHK zertifizieren zu lassen. Hierfür ist eine weitere Prüfung notwendig, die kostenpflichtig ist.

Die Fortbildungskosten variieren je nach Anbieter, Umfang und Spezialisierung des Kurses. Sie beginnen bei wenigen hundert Euro und können bis zu einem geringen vierstelligen Betrag reichen. Teilweise sind die Kurse mehrwertsteuerbefreit.

Bei Bedarf lohnt es sich zu prüfen, ob Module einzeln buchbar sind. Bei manchen Anbietern ist dies für ausgewählte Module möglich, was dann auch preislich günstiger ist.

Auch reine Auffrischungskurse gibt es, häufig ebenfalls zu niedrigeren Preisen als ein erster Kurs.

Ist die Hygienebeauftragte als Mitarbeiterin in der Praxis angestellt, trägt der Praxisinhaber die Kosten. Natürlich können Interessierte mit passenden Voraussetzungen auch eigenständig eine solche Fortbildung besuchen und bezahlen.

 

Auf dem Laufenden bei Hygienevorschriften bleiben

Hygienevorschriften und Dokumentationsvorlagen müssen gelegentlich auf ihre Aktualität überprüft und angepasst werden. Die Informationen stellen beispielsweise die KBV, die Landesärztekammern und Gesundheitsämter bereit. Welche Stellen dies übernehmen, kann nach Bundesland variieren.

Ihr Hygienemanagement ist auch Aushängeschild Ihrer Praxis. Ist alles einwandfrei sauber und gepflegt, stärkt dies das Vertrauen Ihrer Patienten.

Margaret Plückhahn
Senior Consultant Praxismanagement

Kosten für Hygienebeauftragten abrechnen

Hygiene kostet Geld. Seit Anfang 2022 hält der EBM eine Pauschale bereit, die abgerechnet werden kann, wenn es zu einem direkten Arzt-Patienten-Kontakt kommt. Die KV übernimmt das automatisch bei Abrechnung einer Versicherten-, Grund- oder Konsiliarpauschale.

Die Pauschale deckt keinesfalls die gesamten Kosten für die Hygiene in einer Arztpraxis. Sie wurde als Beitrag zum Ausgleich der erheblichen Kostensteigerungen der letzten Jahre implementiert.

 

Welche Erfahrungen mit Hygienevorschriften haben Sie in Ihrer Praxis gemacht? Hinterlassen Sie uns gerne einen Kommentar!

 

Sie möchten eine MFA als Hygienebeauftragte einsetzen? Unser Mustervertrag Fort- und Weiterbildungsvereinbarung spart Zeit und sichert Sie ab. Über Einzelheiten informiert auch unsere Praxisinfo „Fort- und Weiterbildungskosten und Rückzahlung“. Weitere Vorlagen, Praxisinfos und Musterverträge rund um das Praxismanagement erhalten Sie als Mitglied im Virchowbund.

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