Diese Patienten dürfen Sie ablehnen

Sind Sie als Vertragsarzt verpflichtet, jeden Patienten zu behandeln? Hier erfahren Sie, wie weit die Behandlungspflicht reicht und wann Sie Patienten auch ohne Behandlung abweisen dürfen.

 

Mit jeder Behandlung entsteht ein sogenannter „Behandlungsvertrag“. In den meisten Fällen wird er einfach konkludent geschlossen. Das bedeutet aber nicht, dass der Vertrag automatisch zustande kommt. Denn genauso wie der Patient sich seinen Arzt bzw. seine Ärztin frei wählen kann, dürfen auch Ärzte die Behandlung eines Patienten und damit den Abschluss eines Behandlungsvertrages ablehnen.

Ganz so einfach ist es in der Praxis allerdings nicht. Denn die Musterberufsordnung besagt, dass Notfälle oder besondere rechtliche Verpflichtungen sehr wohl zu einer Behandlungspflicht führen können.

Eine solche Verpflichtung ist die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung. Wer eine Zulassung als Vertragsarzt besitzt, kann nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen die Behandlung eines Patienten ablehnen. Privatärzte haben mehr Möglichkeiten zur Ablehnung.

 

In diesen Fällen dürfen Sie Patienten abweisen

Als Arzt schulden Sie Ihren Patienten eine sorgfältige, an den neuesten Erkenntnissen der Medizin ausgerichtete, persönliche Behandlung. Dazu gehören Anamnese, Befunderhebung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge. Ausnahmen gibt es nur,

  • wenn ein volljähriger Kassenpatient seine elektronische Gesundheitskarte nicht vorlegt (§ 13 Abs. 7 Satz 1 BMV-Ä)
  • wenn offensichtlich keine Indikation besteht (Schönheitsbehandlungen, missbrauchte Notrufe etc.)
  • wenn Ihre fachlichen Fähigkeiten nicht ausreichen, um den Patienten angemessen zu behandeln
  • wenn der Patient pöbelt, Sie Ihr Team oder andere Patienten bedroht, oder sich anderweitig ungebührlich verhält. In diesem Fall können Sie von Ihrem Hausrecht gebrauch machen und ihn vor die Türe setzen.
  • wenn das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient fehlt. Das nachzuweisen kann schwierig sein. Allein die Tatsache, dass es sich um einen neuen Patienten handelt, reicht dafür noch nicht aus. Das Vertrauensverhältnis kann aber zerrüttet sein, wenn der Patient 
    • sich nicht an Ihre ärztlichen Anordnungen hält
    • von Ihnen sittenwidrige oder standeswidrige Tätigkeiten verlangt (z. B. Falschabrechnung gegenüber der Krankenkasse)
    • Sie drangsaliert durch dauernde nächtliche Anrufe, ungerechtfertigte Beschwerden, unnötige Forderungen nach Hausbesuchen etc.
  • wenn die Praxis überlastet ist und dadurch die Behandlung nicht in der nötigen Qualität durchgeführt werden kann – z. B. weil Arbeitskräfte oder Sachmittel fehlen.
     

Wenn Sie ausschließlich privatärztlich tätig sind, können Sie Patienten etwas leichter ablehnen. Dennoch sollten Sie immer einen wichtigen Grund angeben. Wenn Sie in die Behandlung einwilligen, empfiehlt es sich, einen schriftlichen Behandlungsvertrag abzuschließen. So vermeiden Sie späteren Streit über das Honorar. Beim Virchowbund erhalten Sie einen Muster-Behandlungsvertrag. Hier finden Sie die Übersicht aller Muster-Verträge, die Sie als Mitglied kostenlos downloaden können.

Mehr zum Behandlungsvertrag und zum Beschwerdemanagement

 

Übrigens können Sie auch eine laufende Behandlung beenden. Dann allerdings nicht „zur Unzeit“. Der Patient muss also in der Lage sein, die Behandlung bei einem anderen Arzt ohne Nachteile für seine Gesundheit fortzuführen.

 

In diesen Fällen herrscht Behandlungspflicht

Nicht jeder aus Ärztesicht triftige Grund rechtfertigt auch tatsächlich, einen Patienten abzulehnen. In diesen Fällen besteht die Behandlungspflicht weiter:

  • Im Notfall bzw. bei akutem Behandlungsbedarf und wenn ohne unverzügliche medizinische Hilfe gesundheitliche Schäden drohen, müssen Sie den Patienten immer behandeln – auch dann, wenn die Praxis überlastet ist. Diese Pflicht gilt auch für Nicht-Kassenärzte. Sie müssen allerdings nur die unaufschiebbaren Maßnahmen ergreifen.
  • Im Bereitschaftsdienst schulden Sie Patienten die Behandlung genauso wie zu den Praxissprechzeiten. Notrufe müssen Sie gewissenhaft verfolgen.
  • Wenn Sie bereits das Budget oder Ihre Fallzahlen überschritten haben, reicht das zur Ablehnung nicht aus.
  • HIV-positive Patienten dürfen Sie nicht ablehnen, denn das Infektionsrisiko für Sie, Ihr Team und andere Patienten lässt sich durch Schutzvorkehrungen beherrschen. Auch das Argument, Ihre Praxis könnte wirtschaftliche Nachteile haben, wenn andere Patienten aus Angst wegbleiben, zählt nicht.

 

Falls Sie einen Patienten unberechtigterweise ablehnen, droht ein Disziplinarverfahren. Außerdem könnte der Patient Schadensersatz fordern. Wenden Sie sich im Zweifelsfall also zuerst an unsere kostenfreie Rechtsberatung für Mitglieder und sichern Sie sich ab. Lieber einmal mehr nachgefragt als später Ärger zu riskieren.

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Kommentare

Meine ehemalige Freundin begeht Sozialbetrug.... Pflegegrad 2.....

Schwerbehindertenausweis .80%..

habe sie schon mehrmals darauf angesprochen,da sie keine Haushaltshilfe/Putzhilfe hat, geht mehrere Stunden laufen, jeden Tag mit dem Auto unterwegs, hat 3 Betreuungspersonen angegeben, die überhaupt nicht helfen, da sie alles noch alleine macht... auf meine Frage warum, wieso ? war ihre Antwort: ich habe nichts damit zu tun, das hat alles die Frau Dr. P. gemacht, ich sagte, du hast aber unterschrieben....es gibt einige Personen, die sie anzeigen wollen...

?????

Die Patientin vereinbart immer wieder Termine, sagt sie nicht ab und nimmt sie nicht wahr. Nach 4 nicht eingehaltenen Terminen in Folge kam sie in die Not-SS mit Beschwerden und wurde von mir ermahnt, dass ich sie so nicht behandeln kann und auch nicht möchte und den Vertrauen als gestört sehe. Daraufhin hat sie einen Vorsorge-Termin ausgemacht und wieder nicht gekommen. Ich möchte ihr einen Brief schreiben und ihr erklären, dass sie sich einen anderen Arzt suchen sollte. Wie verfasse ich ich diesen Brief? Haben Sie evtl. Musterschreiben?

Vielen Dank im voraus

Sehr geehrter Herr Gorny,

ja, das dürfen Sie.

Darf ich grundsätzlich in jedem Bundesland unabhängig wo ich polizeilich gemeldet bin zum Arzt gehen ? Oder andersrum gefragt darf ein Arzt nur Patienten behandeln wenn sie aus dem gleichen Ortsteil kommen ?

@Biermann: Die von Ihnen angesprochene Aufklärung zu den vertragsärztlichen Pflichten finden Sie bereits im Text und auch an anderen Stellen auf unserer Webseite.

Individuelle Patientenerlebnisse kommentieren wir hier grundsätzlich nicht, da wir weder die medizinischen Angaben und Diagnosen noch die Begleitumstände verifizieren können.

Meine Frau gestern Abend 04.04.22 Wegeunfall mit Fahrrad. Mit starken Schmerzen linke Hand, rechtes Knie und nach Blutungsstop geschwollenem Mund-Nase-Bereich, einer Überweisung d. Hausärztin und ärztl. Attest/Maskenbefreiung im Ärztehaus Ahrensburg beim Chirurgen den Zutritt ohne Maske durch die Vorzimmerdamen verweigert. Ohne Notbehandlung bis heute morgen überstanden, nun in Bad Oldesloe mit deutlich schlimmeren Schmerzen der nä. Versuch! Ich persönlich nenne das unterlassene Behandlungspflicht! Vielleicht sollte der VirchowBund seine Mitglieder eher an die beeideten Pflichten erinnern, statt ausführlich zu erklären, wie man die nicht so bequemen Patienten los wird!!! Einer Patientin mit u.a. Gesichts- ggf. Kopfverletzungen die Behandlung zu verweigern, stattdessen als erstes das Maske tragen zu erzwingen, ist kein Spass mehr! Werde meiner Frau empfehlen, diesen Chirurgen für dieses miserable Verhalten seiner Angestellten dort in Ahrensburg juristisch zur Verantwortung zu ziehen!

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