Corona-Impfung in Arztpraxen – Das müssen Sie zur Haftung wissen

Wann haften Ärzte für eine Impfung gegen COVID-19? Ist das Haftungsrisiko höher als bei anderen Impfstoffen? Sollten Impfärzte eine Zusatzversicherung abschließen? Der Virchowbund und die Versicherungsexperten von Ecclesia MED geben gemeinsam die Antwort auf diese Fragen.

 

Bei der Haftungsfrage im Zusammenhang mit Impfungen treffen öffentlich-rechtliche und privatrechtliche Ansprüche aufeinander. Zudem ist die Rechtsprechung nicht ganz einheitlich. Das führt zu Unsicherheiten und Fragen sowohl bei impfenden Ärzten als auch bei Versicherungen.

Übrigens: Die wichtigsten Antworten rund um die Organisation der Corona-Schutzimpfung finden Sie in unseren Corona-Impf-FAQ für Ärzte.

 

Arzthaftung und Corona-Impfung

Die Schutzimpfung ist eine Heilbehandlung, die grundsätzlich unter dem Arztvorbehalt steht (BGH, Urteil vom 15.02.2000, VI ZR 48/99, Rdnr. 10).

Damit kommt zwischen dem Behandler und dem Patienten ein Behandlungsvertrag im Sinne des § 630a BGB zustande. Der Patient hat Anspruch auf eine Behandlung, die nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards erfolgt, soweit nicht etwas anderes vereinbart ist (§ 630a Abs. 2 BGB).

Eine Ausnahme vom Arztvorbehalt kann es in einer epidemischen Lage geben (§ 5a IfSG).

 

Was bedeutet der fehlende Arztvorbehalt für die Impfung gegen COVID-19?

Konkret heißt das, dass neben Ärzten auch die in §5a IfSG genannten Personen impfen dürfen (u. a. Pflegefachkräfte und Notfallsanitäter).

Das bedeutet aber NICHT, dass die Qualitätskriterien bei der Durchführung der Impfung sinken würden. Ärzte schulden weiterhin den Facharztstandard.

 

Unter welchen Umständen haften Ärzte für eine Impfung?

Sollte sich in Zukunft herausstellen, dass einer oder mehrere der Impfstoffe unerwünschte Langzeitfolgen hat, müssen impfende Ärzte keine Konsequenzen fürchten.

Für eine Haftung des Arztes muss mindestens eine dieser Bedingungen erfüllt sein:

  • die Pflichten aus dem Behandlungsvertrag wurden schuldhaft verletzt
  • Leben, Körper, Gesundheit oder ein anders geschütztes Rechtsgut (§823 BGB) wurde schuldhaft verletzt

Der impfende Arzt muss also durch mangelnde Sorgfalt den Impfschaden verursacht haben.

 

Bei einer Impfung gegen SARS-CoV-2 gelten die gleichen Haftungsregeln wie z. B. bei einer Grippeschutzimpfung

Der Behandlungsvertrag sieht eine Behandlung nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards vor. Dazu gehört auch die umfassende Aufklärung zu möglichen erwünschten und unerwünschten Reaktionen auf den Impfstoff sowie zu Kontraindikationen.

Wer also nach den aktuellen Empfehlungen der STIKO gegen COVID-19 impft und aufklärt, bewegt sich üblicherweise innerhalb dieses Standards.

Tipp: Offizielles Material zur Aufklärung der Patienten finden Sie in unseren Impf-FAQ.

 

Was ist ein Impfschaden?

Ein Impfschaden wird laut § 2 Nr. 11 IfSG definiert als „die gesundheitliche oder wirtschaftliche Folge einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung durch die Schutzimpfung“.

 

Wer kann neben Ärzten für Impfschäden haften?

Pharmazeutischer Unternehmer

Der pharmazeutische Unternehmer haftet im Falle eines nicht unerheblichen Personenschadens insbesondere für schädliche Wirkungen des Arzneimittels, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen (§ 84 Abs. 1 Nr.1 AMG).

 

Staat

Sollten Patienten tatsächlich einen Impfschaden nachweisen können, haben sie einen Entschädigungsanspruch nach § 60 IfSG gegenüber der Bundesrepublik Deutschland bzw. einen Versorgungsanspruch gegenüber ihrem Bundesland.

 

Impfzentrum

Noch fehlen die rechtlichen Grundlagen bzw. Rechtsprechung zu dieser Frage. Aber vieles spricht dafür, dass Gerichte die Corona-Impfung als hoheitliche Aufgabe ansehen werden. Denn Gefahrenabwehr ist eine staatliche Aufgabe. Der Staat kann private Personen mit der Durchführung dieser Aufgabe betrauen.

Im Zuge der Amtshaftung könnten Haftungsansprüche nicht gegen Ärzte persönlich geltend gemacht werden, sondern ausschließlich gegenüber dem hoheitlichen Träger. Allerdings kann der Staat die impfenden Ärzte bei schuldhafter Verursachung eines Schadens in Regress nehmen.

Tipp: Wenn Sie in einem Impfzentrum tätig sind, prüfen Sie, ob die Risiken auch in der Betriebs- oder Berufshaftpflichtversicherung versichert sind. Informieren Sie Ihren Haftpflichtversicherer zeitnah über dieses Risiko.

 

Kann ein Impfschaden als Arbeitsunfall gelten?

Ja. Ein Impfschaden nach arbeitgeberorganisierter Impfung gilt in der aktuellen Rechtsprechung als Arbeitsunfall, wenn die Impfung für die Tätigkeit (hier: Aufrechterhaltung der medizinischen Leistungserbringung) notwendig ist (Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 08.12.2014, AZ: L 2 U 99/13; Sozialgericht Dortmund, Urteil vom 5.8.2014, Az: S 36 U 818/12).

Unternehmer haften nach §§ 104, 105 SGB VII nur beschränkt, wenn

  1. ein Mitarbeiter bei einer Impfung durch einen anderen Mitarbeiter schuldhaft geschädigt wird, und
  2. ein Arbeitsunfall vorliegt

Wurde der Arbeitsunfall grob fahrlässig herbeigeführt, kann der Unfallversicherungsträger den Schädiger in Regress nehmen (§§ 110, 111 SGB VII). Grob fahrlässig könnte z. B. die Übertragung der Impfung an hierfür nicht befugte Mitarbeitende sein. Dann liegt möglicherweise ein sogenanntes Auswahlverschulden vor.

Der Sozialversicherungsträger kann auf einen Regress gegenüber Mitarbeitenden verzichten, nicht aber gegenüber dem Unternehmer.

Tipp: Mehr zur Haftung von angestellten Ärzten lesen Sie unter Arzthaftung. Wie Sie bei Nadelstichverletzungen und anderen Notfällen vorgehen sollten, zeigt Ihnen unsere Praxisinfo „Notfallplan“.

Ist eine zusätzliche Impf-Versicherung ist sinnvoll?

Eine gut ausgestaltete Berufshaftpflicht-Versicherung bietet grundsätzlich ausreichenden Versicherungsschutz. Dabei sollten Sie folgendes beachten.

1. Welche Regelungen sind in der Haftpflicht-Versicherung zu Arbeitsunfällen nach SGB VII getroffen?

In den meisten Fällen ist ein Ausschlusstatbestand fixiert. Ausschlusstatbestände in Versicherungsverträgen regeln die Umstände, unter denen keine Leistungspflicht besteht, z. B. Erdbeben, kriegerische Ereignisse – und ggfs. eben auch Arbeitsunfälle.

2. Wurden Regelungen zu Ansprüchen der versicherten Personen untereinander und von der versicherten Person gegen die juristische Person des Versicherungsnehmers getroffen?

 

Falls Sie konkrete Fragen zum Thema Haftpflicht haben, wenden Sie sich an die Rechtsberatung des Virchowbundes und an die Experten unseres Versicherungspartners Ecclesia MED. Klicken Sie hier für mehr Informationen zu den Versicherungskonditionen und zu weiteren Rabatten für Mitglieder. Erfahren Sie hier, welche Vorteile Sie sonst noch als Mitglied im Virchowbund genießen.

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